Kann Merz Kanzler?

Wenn jemand bereit ist, sich in eines der höchs­ten poli­ti­schen Ämter der Bun­des­re­pu­blik wäh­len zu las­sen, muss er oder sie ein paar beson­de­re Fähig­kei­ten mit­brin­gen, ohne die das Amt des Bun­des­kanz­lers nicht erfolg­reich aus­zu­füh­ren ist. 

Dass ein Bun­des­kanz­ler oder eine Bun­de­kanz­le­rin über rhe­to­ri­sche Fähig­kei­ten und ein brei­tes Wis­sen ver­fü­gen soll­te, dürf­te selbst­re­dend sein. Was aber eben­falls wich­tig ist, ist das Ver­trau­en in das Wort. Das Wort des Bun­des­kanz­lers hat Gewicht. Ein Mann ein Wort ist der geflü­gel­te Begriff, er heu­te wich­ti­ger ist denn je. Das gilt natür­lich auch für eine weib­li­che Kanz­le­rin. Außer­dem muss sich ein Bun­des­kanz­ler im Griff haben, darf sich nicht pro­vo­zie­ren, noch von Gefüh­len lei­ten lassen. 

Von den letzt­ge­nann­ten bei­den Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten besitzt der wahr­schein­lich nächs­te Bun­des­kanz­ler der BRD, Fried­rich Merz, offen­kun­dig zu wenig. In der Debat­te um die Abstim­mung im Bun­des­tag über eine Ver­schär­fung der Migra­ti­ons­ge­set­ze ging es um mehr als die Rege­lung der für vie­le Bun­des­bür­ger schlecht gere­gel­ten Migra­ti­on; es ging um Glaub­wür­dig­keit und es ging um Gefühligkeit. 

Fried­rich Merz hat hoch gepo­kert, als er die Restam­pel vor die Wahl stell­te, ent­we­der sei­nem Antrag zuzu­stim­men, oder aber sich von der AFD unter­stütz­ten zu las­sen. In dem Zusam­men­hang ist ein wei­te­res Man­ko des Kanz­ler­kan­di­da­ten sicht­bar gewor­den, dass ihn eben­falls dis­qua­li­fi­ziert und zwar nicht nur als Kanz­ler­kan­di­da­ten, son­dern auch als Poli­ti­ker. Wer als Poli­ti­ker Im poli­ti­schen demo­kra­ti­schen Dis­kurs Kom­pro­miss­lo­sig­keit signa­li­siert, soll­te kein (hohes) poli­ti­sches Amt beklei­den dürfen. 

Merz hat in die­ser Debat­te mehr­fach sein Wort mehr­fach gebro­chen, was die Zusam­men­ar­beit mit der AFD angeht. 

Das ist die zwei­te schlim­me Ver­feh­lung. Auf was sol­len sich die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger denn bei einem mög­li­chen Kanz­ler­kan­di­da­ten Merz ver­las­sen kön­nen, wenn das Wort bereits als Kan­di­dat nichts wert ist?

Die drit­te Eigen­schaft, die jeman­den für das Amt des Bun­des­kanz­lers frag­wür­dig macht, ist die nicht beherrsch­te Gefühls­ebe­ne. Ich glau­be Fried­rich Merz sofort, dass er ehr­lich empört und wütend über die Vor­komm­nis­se mit Migran­ten ist, sich davon aber lei­ten zu las­sen, ist ver­kehrt und gefährlich. 

Sobald die Gefühls­ebe­ne die Ober­hand gewinnt, ist die Ratio­na­li­tät beein­flusst, das kann zu fal­schen, im schlimms­ten Fall kata­stro­pha­len Ent­schei­dun­gen füh­ren, und nicht nur das: Merz ist in sei­ner Art durchschaubar. 

Was pas­siert, wenn die Schur­ken die­ser Welt wis­sen, wel­chen Knopf sie beim deut­schen Bun­des­kanz­ler drü­cken müs­sen, um ihn aus dem Häus­chen zu brin­gen? Kann sich die Bun­des­re­pu­blik einen Mann wie Fried­rich Merz als mäch­tigs­ten Mann Deutsch­lands auch vor dem Hin­ter­grund mög­li­cher gewal­ti­ger poli­ti­scher Umstruk­tu­rie­rungs­pro­zes­se in Euro­pa und welt­wei­ter Abkehr demo­kra­ti­scher Pro­zes­se über­haupt leisten? 

Ein­fach gefragt: Kann Merz Kanzler?

Er ist wieder da

Nun also doch. Trump ist mit einer zwei­ten Amts­zeit der 47. Prä­si­dent der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka. Mit ihm wird der reichs­te Mann der Welt die zukünf­ti­gen Geschi­cke der USA füh­ren. Wo der Weg hin­geht, ist ziem­lich ein­deu­tig. Poli­tik folgt Kapi­tal, dürf­te die Marsch­rich­tung hei­ßen. Wäh­rend vie­le, vor allem west­li­che Poli­ti­ker, sich bis­her noch nicht aus der Ent­rüs­tungs­star­re gelöst haben, haben ande­re bereits erkannt, dass es nicht nur die USA erwart­bar den rechts­kon­ser­va­ti­ven Weg geht. Euro­pa drif­tet eben­falls poli­tisch nach rechts und in das Wer­te­sys­tem eines unge­hemm­ten Kapitalismus. 

Euro­pa erlebt in den letz­ten Jah­ren einen poli­ti­schen Rechts­ruck. In vier Wochen wird aller Vor­aus­sicht ein Bun­des­kanz­ler in das Bun­des­kanz­ler­amt ein­zie­hen, der es durch Bezie­hun­gen und Akti­en­spe­ku­la­tio­nen zum Mul­ti­mil­lio­när geschafft hat. Der Sau­er­län­der Fried­rich Merz steht wie kein Zwei­ter als Ver­tre­ter der frei­en Marktwirtschaft. 

Der Trend in Deutsch­land, den USA und Euro­pa wird durch die wach­sen­de Popu­la­ri­tät rechts­po­pu­lis­ti­scher und natio­na­lis­ti­scher Par­tei­en sowie durch eine Ver­schär­fung der poli­ti­schen Rhe­to­rik deut­lich. Die Grün­de dafür lie­gen in der wirt­schaft­li­chen Unsi­cher­heit, Migra­ti­on, kul­tu­rel­le Iden­ti­täts­fra­gen, ver­meint­li­ches Vor­schrei­ben eines bestimm­ten Lebens­stils und ein all­ge­mei­nes Miss­trau­en gegen­über eta­blier­ten poli­ti­schen Institutionen. 

Im Grun­de brauch­ten die Ver­tre­ter rechts­kon­ser­va­ti­ver Wirt­schafts — und Gesell­schafts­po­li­tik nur die Geset­ze und Ver­ord­nun­gen bis­he­ri­ger eher lin­ker Poli­tik in Deutsch­land und Euro­pa zu ideo­lo­gi­sie­ren und ihre Gegen­po­si­ti­on zu mani­fes­tie­ren. So wird in den USA das Gerücht kol­por­tiert, dass der jet­zi­ge Prä­si­dent Trump mit Blick auf das von Habeck vor­an­ge­brach­te Hei­zungs­ge­setz mit Ver­weis auf den Kom­mu­nis­mus sei­nen Anhän­gern erzählt, in Deutsch­land wür­den den Haus­be­sit­zern vom Staat gehen ihren Wil­len die Hei­zung in den Kel­lern stillgelegt. 

Wäh­rend hier (noch) die CDU gegen eine Betei­li­gung der Rechts­po­pu­lis­ten der AFD ziert, sind in Euro­pa bereits die Gesin­nungs­freun­de am Ziel:
In Ita­li­en gewann die rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei Fratel­li d’Italia unter Gior­gia Melo­ni an Bedeu­tung und stell­te nach den Wah­len 2022 die Regie­rung. Melo­nis Par­tei ver­tritt eine natio­na­lis­ti­sche und kon­ser­va­ti­ve Agen­da, ins­be­son­de­re in Fra­gen der Migra­ti­on und der euro­päi­schen Integration.

Ungarn gilt als Vor­rei­ter des Rechts­rucks in Euro­pa. Pre­mier­mi­nis­ter Vik­tor Orbán und sei­ne Par­tei Fidesz ver­fol­gen eine strik­te natio­na­lis­ti­sche Poli­tik, die auf den Schutz unga­ri­scher Wer­te abzielt. Orbán hat wie­der­holt die EU kri­ti­siert und Maß­nah­men zur Ein­schrän­kung der Pres­se­frei­heit und der Jus­tiz eingeführt.

Die regie­ren­de Par­tei Recht und Gerech­tig­keit (PiS) in Polen ver­folgt seit Jah­ren eine kon­ser­va­ti­ve und natio­na­lis­ti­sche Poli­tik, ins­be­son­de­re in sozia­len Fra­gen wie Abtrei­bung und LGBTQ+-Rechten. Gleich­zei­tig setzt die PiS auf eine EU-kri­ti­sche Rhe­to­rik, auch wenn Polen wirt­schaft­lich stark von der EU profitiert.

Mari­ne Le Pen von der Par­tei Ras­sem­blem­ent Natio­nal (ehe­mals Front Natio­nal) erreich­te sie in den letz­ten Wah­len einen his­to­ri­schen Stim­men­an­teil. Ihre Par­tei steht für eine har­te Hal­tung in Migra­ti­ons­fra­gen und eine redu­zier­te Zusam­men­ar­beit mit der EU.

Die Schwe­den­de­mo­kra­ten, eine rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei, erziel­ten 2022 ihr bis­her bes­tes Wahl­er­geb­nis. Sie beein­flus­sen die Poli­tik maß­geb­lich, obwohl sie nicht direkt in der Regie­rung sit­zen. Migra­ti­on und Kri­mi­na­li­tät sind zen­tra­le The­men ihrer Agenda.

Die rechts­extre­me Par­tei Vox hat in Spa­ni­en an Ein­fluss gewon­nen. Sie ver­tritt ultra­kon­ser­va­ti­ve Posi­tio­nen in sozia­len Fra­gen und setzt auf eine natio­na­lis­ti­sche Rhe­to­rik, ins­be­son­de­re in Bezug auf die spa­ni­sche Einheit.

Auch in Deutsch­land wird man die Brand­mau­er nicht ewig auf­recht­erhal­ten. Zu groß sind die Über­ein­stim­mun­gen mit der Poli­tik der wohl zukünf­ti­gen Regie­rung. Eine Koali­ti­on mit der AFD rückt zukünf­tig wahr­schein­lich in greif­ba­re Nähe. 

Man braucht übri­gens nicht auf X (frü­her Twit­ter) zu lesen, um die Grün­de für das Erstar­ken der Rech­ten zu erken­nen. Sie lie­gen klar auf der Hand:
Die Flücht­lings­kri­se von 2015 und die anhal­ten­den Migra­ti­ons­be­we­gun­gen haben vie­le Men­schen ver­un­si­chert und Ängs­te vor Iden­ti­täts­ver­lust und Über­for­de­rung geschürt. Wirt­schaft­li­che Ver­än­de­run­gen und der Ver­lust tra­di­tio­nel­ler Indus­trien haben in Tei­len der Bevöl­ke­rung Unsi­cher­heit und Frust aus­ge­löst. Vie­le Bür­ger sehen die EU als zu büro­kra­tisch, ent­kop­pelt von den Bedürf­nis­sen der Men­schen vor Ort. The­men wie Gen­der­po­li­tik, Kli­ma­schutz und Diver­si­tät pola­ri­sie­ren und wer­den von rech­ten Par­tei­en genutzt, um Wäh­ler zu mobilisieren.

Die lin­ken Par­tei­en täten gut dar­an, sich in der Oppo­si­ti­on zu erneu­ern, statt sich in eine neue Koali­ti­on mit der CDU zu stür­zen. Vor allem gilt es, sich von Eitel­kei­ten und Ideo­lo­gien frei zu machen. Bis dahin ste­hen ein mas­si­ver Abbau des Sozi­al­staats und eine unge­zü­gel­te Markt­wirt­schaft zu befürchten. 

Der Kapitalismus wehret den Anfängen

Der mas­si­ve Angriff auf Robert Habecks Vor­schlag, Kapi­tal­erträ­ge stär­ker zu besteu­ern, zeigt die geziel­te Mani­pu­la­ti­on der Bevöl­ke­rung der Neo­li­be­ra­len und ihrer Ver­tre­ter in der Poli­tik. Habeck hat­te in einem Inter­view die Fra­ge gestellt, war­um Arbeit höher belas­tet sein soll als Ein­kom­men aus Kapitalerträgen. 

Die Fra­ge ist nicht ganz neu. Akti­en­ge­win­ne bei­spiels­wei­se unter­lie­gen einem Steu­er­vor­be­halt von 25 Pro­zent plus Soli­da­ri­täts­zu­schlag. Ins­ge­samt kommt ein Kapi­tal­eig­ner so auf eine Steu­er­be­las­tung von ca. 28 Pro­zent, wenn die Ver­lus­te gegen gerech­net wer­den, lässt sich die­se wei­ter drü­cken. Ein Fach­ar­bei­ter hat eine Steu­er­last um die 35 Pro­zent. Wenn nun von der Uni­on ver­sucht wird, den Vor­schlag Habecks als einen Angriff auf die Mit­tel­schicht und die Flei­ßi­gen kri­ti­siert wird, ist das ers­tens nicht ver­wun­der­lich und zwei­tens nur all­zu durchschaubar.

Neben der Tat­sa­che, dass Habeck gleich­zei­tig einen Frei­be­trag ins Spiel bringt, wäre eine Erhö­hung der Ver­steue­rung von Kapi­tal selbst für einen Inten­siv­spa­rer der Mit­tel­schicht kaum spür­bar. Mit einem mitt­le­ren Ein­kom­men wird es wohl kaum mög­lich sein auf dem Spar­buch eine Sum­me anspart zu haben, von der mehr als ein – zwei tau­send Euro Zin­sen abfal­len. Eine Erhö­hung der Kapi­tal­ertrags­steu­er wür­de unter der Berück­sich­ti­gung des jetzt schon gel­ten­den Frei­be­trags kaum ins Gewicht fal­len. Anders ver­hal­te sich das natür­lich bei denen, die auf­grund Akti­en­spe­ku­la­tio­nen reich gewor­den sind. Ein Fried­rich Merz wür­de eine Erhö­hung der Kapi­tal­ertrags­steu­er erheb­lich treffen. 

Die Ver­ein­heit­li­chung der Kapi­tal­ertrags­steu­er oder auch Abgel­tungs­steu­er geht übri­gens zurück auf ein Gesetz aus dem Jahr 2009 unter der Regie­rung der Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel. Bis dahin wur­den Kapi­tal­erträ­ge wie Zin­sen, Divi­den­den und Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne in Deutsch­land nach dem per­sön­li­chen Ein­kom­mens­steu­er­satz berechnet. 

Habeck hat aller­ding den Feh­ler gemacht, mög­li­che Ein­künf­te aus einer wei­te­ren Ver­steue­rung des Kapi­tals zur Erhö­hung der Bei­trags­ba­sis der Sozi­al­kas­sen nut­zen zu wol­len. Das war ein gefun­de­nes Fres­sen für die Neo­li­be­ra­len, die fort­an aus nicht nur aus allen Roh­ren gegen Habeck schie­ßen konn­ten, son­dern ihn auch ein­mal mehr mit dem unwah­ren Argu­ment, der Wirt­schafts­mi­nis­ter pla­ne einen Angriff auf den Klein­spa­rer, als ahnungs­lo­sen Wirt­schafts­mi­nis­ter vorführen. 

Habeck hät­te viel­leicht ein­fach die Abschaf­fung der Abgel­tungs­steu­er und die Ver­steue­rung von Ver­äu­ße­rungs­ge­win­nen nach dem per­sön­li­chen Ein­kom­mens­steu­er­satz vor­schla­gen sol­len, wie das vor 2009 der Fall war. Gleich­zei­tig könn­te man den Ein­kom­men­steu­er­satz zu Guns­ten mitt­le­rer Ein­kom­men ver­schie­ben, um eine Ent­las­tung für die­je­ni­gen zu schaf­fen, die jetzt die Haupt­last des Steu­er­auf­kom­mens tragen. 

Zeit für Verhandlungen

Außen­mi­nis­te­rin Baer­bocks vor­schnel­le Äuße­run­gen über den Ein­satz einer Frie­dens­trup­pe sind für eine Regie­rung die kei­ne Mehr­heit mehr hat, zwar ziem­lich anma­ßend und hat vie­le wil­de Spe­ku­la­tio­nen in den sozia­len Netz­wer­ke aus­ge­löst und dürf­te außer­dem ein­mal mehr nicht abge­stimmt sein. 

In der Sache aller­dings hat Frau Baer­bock Recht. 

Baer­bock hat­te auf die Fra­ge nach einer deut­schen Betei­li­gung zur Absi­che­rung eines Waf­fen­still­stands in der Ukrai­ne gesagt, das aus ihrer Sicht Deutsch­land eine gro­ße Rol­le zur Frie­den­si­che­rung in der Ukrai­ne spie­len wird. 

War­um nun die Außen­mi­nis­te­rin gera­de jetzt von einer mög­li­chen Betei­li­gung deut­scher Trup­pen an einer mög­li­chen Frie­dens­mis­si­on spricht, kann (hof­fent­lich) nur der Hin­weis dar­auf sein, dass sowohl Russ­land als auch die Ukrai­ne end­lich zu Ver­hand­lun­gen bereit sind. 

Offen­sicht­lich nähert man sich der Ver­nunft von Ver­hand­lun­gen im Ukrai­ne Kon­flikt an und natür­lich wird Deutsch­land nicht drum her­um kom­men, sich nach Kriegs­en­de nicht nur an einer Frie­dens­si­che­rung, son­dern auch am Wie­der­auf­bau zu betei­li­gen. Eine Frie­dens­si­che­rung aller­dings, darf mei­nes Erach­tens nur mit UN-Man­dat und inte­griert in eine Blau­helm­trup­pe initi­iert wer­den, alles ande­re wäre fahr­läs­sig und eine unnö­ti­ge Provokation. 

Die Bun­des­wehr besitzt nicht die Res­sour­cen, sich einer über­mäch­ti­gen und kriegs­er­fah­re­nen Armee im Ernst­fall ent­ge­gen zu stel­len. Eine deut­sche Trup­pe an der 2000km lan­gen Gren­ze zur Russ­land wäre also nicht nur Kos­me­tik, son­dern schlicht­weg eine Farce. 

Ander­seits hat die Bun­des­re­pu­blik mit Lie­fe­rung der ers­ten Waf­fen in die Ukrai­ne eine kost­spie­li­ge Ver­ant­wor­tung über­nom­men, die uns ver­mut­lich die nächs­ten zehn Jah­re beglei­ten wird. Die­je­ni­gen, die Inter­es­se an einem lan­gen Krieg hat­ten, wer­den sich der Ver­ant­wor­tung nicht stel­len. Die wenigs­ten Ver­ant­wort­li­chen wer­den erwar­tet haben, dass die Lie­fe­rung von Waf­fen in ein Kri­sen­ge­biet den Frie­den brin­gen wür­de, son­dern im Gegen­teil neben hun­dert­tau­sen­den von Toden eben­falls einen groß­flä­chi­ge Zer­stö­rung der Infra­struk­tur. Die Poli­ti­ker, die sich als Kriegs­trei­ber her­ga­ben, sind will­fäh­ri­ge Mario­net­ten einer Hege­mo­ni­al­macht, die neben der Rüs­tungs­in­dus­trie einen erheb­li­chen Nut­zen aus dem Kon­flikt zieht; sie alle müs­sen das mit sich sel­ber ausmachen. 

Die Bun­des­re­pu­blik aber, als Waf­fen­lie­fe­rant für die Ukrai­ne, wird sich nicht aus der Ver­ant­wor­tung zie­hen kön­nen, das Land nach Kriegs­en­de wie­der mit auf­zu­bau­en. Die Kos­ten für den Wie­der­auf­bau der Infra­struk­tur wer­den auf ca. 500 Mil­li­ar­den Euro bezif­fert, die Trans­fer­leis­tun­gen für die Anschub­fi­nan­zie­rung des vom Krieg zer­stör­ten Lan­des sind dabei noch nicht ein­ge­rech­net.

Bei aller Sinn­lo­sig­keit des Krie­ges bleibt viel­leicht spä­ter ein­mal die Ein­sicht, dass die alte Dok­trin, kei­ne Waf­fen in Kri­sen­ge­bie­te zu lie­fern, durch­aus ihre Berech­ti­gung hat­te und hat. Krieg kennt kei­ne Gewin­ner und Waf­fen­lie­fe­run­gen brin­gen kei­nen Frieden. 

Für die vie­len toten Sol­da­ten, Zivi­lis­ten und Inva­li­den, die der Krieg auf bei­den Sei­ten gefor­dert hat, kommt die­se Ein­sicht zu spät. 

BTW: Die Zeit­schrift Emma hat eine Peti­ti­on zu einem Waf­fen­still­stand mit einem Brief an Bun­des­kanz­ler Scholz gestar­tet. Stand Frei­tag, 06.01.2025 haben bereits 512.000 Bür­ge­rin­nen und Bür­ger unter­schrie­ben. Zur Unter­schrift geht’s hier ent­lang.

Raketen auf Russland – der Weg zum Frieden?

Nach­dem Prä­si­dent Biden die Erlaub­nis erteilt hat, dass die Ukrai­ne mit US Rake­ten Russ­land angrei­fen darf, ist hier die Dis­kus­si­on um die Tau­rus Marsch­flug­kör­per wie­der auf­ge­flammt. Ins­be­son­de­re Fried­rich Merz, die FDP und und die Grü­nen for­dern eine schnel­le Ent­schei­dung dar­über, deut­sche Marsch­flug­kör­per in Russ­land einzusetzen. 

Was erst ein­mal vor dem Hin­ter­grund eines wei­te­ren Kriegs­win­ters in der Ukrai­ne mit alle dem Leid vor allem der Zivil­be­völ­ke­rung empha­tisch klingt, hat aber aus mei­ner Sicht eini­ge Denk­feh­ler. US-Prä­si­dent Biden hat bewusst den Abschuss von Rake­ten mit einer begrenz­ten Reich­wei­te von ca. 300 km geneh­migt. Wohl­wis­send, dass die­se Rake­ten höchs­tens bis an die Gren­ze von Kursk rei­chen, wo ver­mut­lich Nach­schub­ein­hei­ten der Rus­sen sta­tio­niert sind. 

Die Ant­wort Putins auf die US-Rake­ten war ziem­lich erwart­bar. Russ­lands poli­ti­sche Hard­li­ner pro­vo­zie­ren gar mit der Aus­sa­ge einer Atom­bom­be zu Weih­nach­ten. Dass das nur ein wei­te­res Säbel­ras­seln ist, weiß Biden ganz genau. Russ­land wird kei­nen Ernst­fall mit den USA ris­kie­ren, der Flä­chen­brand wäre nicht mehr zu kontrollieren. 

Anders stellt sich der Ein­satz deut­scher Marsch­flug­kör­per dar, die eine Reich­wei­te bis Mos­kau besit­zen. Was pas­siert wohl, wenn ein deut­scher Marsch­flug­kör­per auf dem roten Platz ein­schlägt? Deutsch­land wäre wohl end­gül­tig Kriegs­par­tei und Putin müs­sen reagie­ren, wenn er sein Gesicht nicht ver­lie­ren will. 

Der Ein­satz tak­ti­scher Nukle­ar­waf­fen wäre im Bereich des Mög­li­chen. Wür­de die USA uns zu Hil­fe kom­men? Wie bewer­tet das Bünd­nis, zumal unter einem Prä­si­den­ten Donald Trump, einen mög­li­chen Ein­schlag eines deut­schen Marsch­flug­kör­pers z.B. in Moskau? 

Die NATO-Dok­trin schreibt die Hil­fe­stel­lung nur bei Angriff eines Nicht NATO-Staats vor und das auch erst nach ellen­lan­gen Sit­zun­gen und Abstim­mun­gen. Aus­ge­nom­men ist die NATO-Hil­fe bei einem Angriff eines NATO-Staats auf ein ande­res Land. 

Die Wahr­schein­lich­keit ist ziem­lich hoch, dass Russ­land den Ein­satz deut­scher Marsch­flug­kör­per als Kriegs­er­klä­rung auf­fasst. Wie hoch ist die Wahr­schein­lich­keit, dass die USA der Bun­des­re­pu­blik zu Hil­fe käme und somit ein ato­ma­res Arma­ged­don ris­kie­ren würde? 

Es ist rich­tig, dass es nicht dar­um gehen kann Angst zu zei­gen. Es kann aber auch nicht dar­um gehen, den „Krieg nach Russ­land zu tra­gen“, wie es bereits der CDU-Mann Kie­se­wet­ter gefor­dert hat.

Schon gar nicht kann es dar­um gehen mit deut­scher Unter­stüt­zung die Kriegs­zo­ne auf die Gebie­te um Mos­kau auszuweiten. 

Ich habe aller­größ­ten Respekt vor der Kampf­kraft und dem Kampf­wil­len der Ukrai­ner. Waf­fen aus Deutsch­land zu lie­fern, die nicht mehr nur zur Ver­tei­di­gung ein­ge­setzt wer­den kön­nen, ist aber ein gro­ßer Feh­ler. Es kann bei die­sem Kon­flikt nur um die ter­ri­to­ria­le Ver­tei­di­gung ukrai­ni­schen Gebiets gehen. Nie­mals darf sich Deutsch­land an einem Angriff – und sei es nur mit Waf­fen – beteiligen. 

Wer sol­che For­de­run­gen als deut­scher Poli­ti­ker stellt, nimmt eine Aus­wei­tung der Kon­flik­te und Deutsch­land als Kriegs­par­tei in Kauf oder, schlim­mer noch, ist ein ver­ant­wor­tungs­lo­ser Kriegstreiber. 

Sträter live in Hamm

In frü­hen Zei­ten warn­ten besorg­te Kul­tur­kri­ti­ker und eini­ge Bil­dungs­in­itia­ti­ven vor einer Ver­fla­chung der Spra­che durch das Lesen von Comics. Als Kin­der lieb­ten wir die Sprech­bla­sen­li­te­ra­tur, ins­be­son­de­re die Wör­ter die einen Zustand oder Her­gang beschrie­ben, hat­ten uns es ange­tan und zwar so, dass wir began­nen uns im Comic­stil zu unterhalten. 

„Zwon­ker!“, „Boing!“, „Knirsch!“, „Oops!“, „Wham!“ — all das wur­de der­art in die Spra­che inte­griert, dass uns Nicht-Comic Leser und vor allem Erwach­se­ne nicht mehr ver­stan­den, was natür­lich Sinn der Sache war. 

Die Art der Kunst­form beherrscht der Come­di­an Tors­ten Strä­ter in Per­fek­ti­on, was viel­leicht kein Wun­der ist; Strä­ter ist mein Jahr­gang und dürf­te die Comic­zeit Mit­te der Sieb­zi­ger eben­falls in guter Erin­ne­rung haben. 

Jeden­falls – Strä­ter hat das gro­ße Talent nicht nur gekonnt Irrun­gen und Wir­run­gen einer Erzäh­lung zur Kunst­form erho­ben zu haben, er ist die Kory­phäe, wenn es dar­um geht einen Zustand als Sprech­bla­se in einem Wort wiederzugeben. 

Schla­bott und Scha­lunk beispielsweise. 

Wenn ich z.B. eine Ver­än­de­rung eines Agg­gre­gat­zu­stan­des erklä­ren will kann ich sagen: „Aggre­gat­zu­stands­än­de­run­gen sind phy­si­ka­li­sche Pro­zes­se, die durch Ener­gie­zu­fuhr oder ‑ent­zug ver­ur­sacht wer­den und die Anord­nung und Bewe­gung der Mole­kü­le in einem Stoff beeinflussen.“

Oder eben „Schla­bott“.

Für “Scha­lunk” gilt im Prin­zip das­sel­be, nur umgekehrt. 

Strä­ter war im Hamm und zeig­te dort sei­ne Kunst der Wor­te. In Geden­ken an alle Comic­ver­eh­rer ver­gan­ge­ner Zei­ten und allen Män­ner und Frau­en aus den Zei­ten dicker Micky Maus Bücher und alle, die die­se Kunst auch noch heu­te beherr­schen, es war:

Wer mit wem?


Die Ampel­ko­ali­ti­on ist geplatzt, nach einer Ver­trau­ens­fra­ge im Janu­ar sind Neu­wah­len im März wahr­schein­lich. Die span­nen­de Fra­ge dürf­te sein, wer mit wem im Fal­le einer Neu­wahl regie­ren wird, wenn die Ergeb­nis­se so aus­fal­len, wie es in den Umfra­gen der­zeit pro­gnos­ti­ziert wird.

Dem­nach wür­de die CDU wohl den Anspruch einer Regie­rungs­bil­dung unter dann einem Bun­des­kanz­ler Merz haben. Allei­ne regie­ren kön­nen sie ver­mut­lich nicht. Mit einer Koali­ti­on der FDP kann die CDU nicht rech­nen, nach jet­zi­gen Umfra­gen wür­de die Par­tei an der 5%-Hürde schei­tern. Die Grü­nen, die in Tei­len ja immer wie­der mit einer mög­li­chen Koali­ti­on mit der CDU sym­pa­thi­siert hat, wür­den nach heu­ti­gen Umfra­gen eben­falls rein rech­ne­risch allei­ne nicht als Mehr­heits­be­schaf­fer in Fra­ge kommen. 

Mit der nach heu­ti­gen Wahl­um­fra­ge zweit­stärks­ten Par­tei im Bun­des­tag, der AFD, könn­te Merz zwar ver­mut­lich eine Mehr­heit im Bun­des­tag errei­chen, müss­te jedoch sei­ne „Brand­mau­er“ auf­ge­ben. Mit dem BSW wird die CDU wohl eher nicht reagie­ren wol­len. Bleibt die SPD, die ver­mut­lich aber auch mit der CDU nicht über die Sitz­mehr­heit ver­fü­gen wird. Nahe­lie­gend ist also vor­aus­sicht­lich nur wie­der eine Dreierkoalition.

Schwarz-Rot-Grün unter einem Bun­des­kanz­ler Merz scheint bei einer Neu­wahl im Früh­jahr 2025 wahr­schein­lich. Wäre in die­ser Gemenge­la­ge eine sta­bi­le Regie­rung möglich? 

Es bleibt spannend.

Zwei Unberechenbare

Wenn in drei Wochen die Prä­si­dent­schafts­wah­len in den USA been­det sind, könn­te es pas­sie­ren, dass zwei der mäch­tigs­ten, reichs­ten zugleich skru­pel­lo­ses­ten und unbe­re­chen­bars­ten Män­ner der Welt einen Macht­sta­tus erhal­ten, den es vor­her so nie gab. 

Trump und sein Unter­stüt­zer Elon Musk.

Trump ist bereits ein Phä­no­men, er sel­ber hat­te vor eini­gen Jah­ren öffent­lich bekun­det, jeman­den auf der Stra­ße erschie­ßen zu kön­nen; das Volk wür­de ihn trotz­dem wäh­len. Was sei­ner­zeit als der­ber Scherz auf­ge­fasst wur­de, ist heu­te Rea­li­tät. Je mehr Trump sich als Beel­ze­bub in der Öffent­lich­keit geriert, des­to mehr Zuspruch hat er. Er kann alles behaup­ten, alles sagen und alles machen, was ihm in den Sinn kommt, sei­ne Fans jubeln ihm zu. Wird er gewählt, sitzt erst­mals ein Prä­si­dent im wei­ßen Haus, der sich wegen ver­schie­de­ner Ankla­gen bereits vor Gericht ver­ant­wor­ten muss­te. Ein Phä­no­men, das hier zu Lan­de, zumin­dest bis­her – noch nicht denk­bar ist. Es ist anzu­neh­men, dass er sich nach einer gewon­nen Wahl mit einer Macht­fül­le aus­stat­ten wird, die ihn zum Allein­herr­scher über die Ver­ei­nig­ten Staa­ten macht, jeden­falls kann man das so aus sei­nen Äuße­run­gen interpretieren.

Elon Musk hin­ge­gen hat bereits die­se Macht. Durch sein Star­link Pro­gramm ist er prak­tisch Allein­herr­scher über das Satel­li­ten­netz­werk. Glaubt man dem SPIEGEL ist ohne Musk die NASA nicht mehr in der Lage auch nur einen Satel­li­ten ins All zu schießen. 

Mit dem E‑Auto Tes­la hat der Mann, der zwi­schen Genie und Wahn­sinn schwankt, Zugriff auf all mög­li­chen­Da­ten, gespeist von 5Mio. Tes­la welt­weit. Und nicht nur das, er kann auch aktiv in die Tech­nik sei­ner Autos ein­grei­fen, vom Schreib­tisch sozusagen. 

Musk ist zudem im Besitz eines der mäch­tigs­ten Social-Media Platt­for­men. Bei X, frü­her Twit­ter, sind welt­weit ca. 230 Mil­lio­nen User täg­lich unter­wegs. Elon Musk, der ein glü­hen­der Ver­eh­rer Donald Trumps ist und ihn auch unter­stützt, hat bereits poli­ti­sche Ambi­tio­nen ange­mel­det, falls Trump am 5. Novem­ber zum neu­en Prä­si­den­ten der USA gewählt wird.

In dem Fall wären zwei Män­ner mit unge­heu­er Macht aus­ge­stat­tet. Der mäch­tigs­te Mann der Welt und der reichs­te Mann der Welt, bei­de mit einem gewis­sen Hang zu Unbe­re­chen­bar­keit, Selbst­ver­liebt­heit und Exzen­trik könn­ten dann nicht nur machen was sie wol­len, es wäre in wei­ten Tei­len auch noch demo­kra­tisch legitimiert. 

Duo All­mäch­tig.