Kosovo Teil I

28 Grad, abends um 21 Uhr. Ich bin eigent­lich nur noch müde von 12 Stun­den Auto­fahrt. Wir sind in Lipljan ange­kom­men. Der drit­te Rei­se­tag, 2000 Kilo­me­ter von zuhau­se entfernt.

Die Stre­cke führ­te uns über Öster­reich, Slo­we­ni­en, Kroa­ti­en, Mon­te­ne­gro und Alba­ni­en bis in den Koso­vo. Hier ste­hen wir jetzt in der Nacht­hit­ze in einer pul­sie­ren­den Stadt und war­ten auf einen alba­ni­schen Freund, des­sen weit­läu­fi­ge Ver­wandt­schaft uns eine Woh­nung für die Zeit hier ver­mie­ten will. Wir haben nicht mehr als eine Tele­fon­num­mer, aber tat­säch­lich, nach einem kur­zen Tele­fo­nat fährt ein Auto vor. 

Wie und wo wir hin­müs­sen ist noch nicht so ganz klar, dafür wird jetzt eif­rig tele­fo­niert und nach und nach gesel­len sich immer mehr Alba­ner zu uns auf den Park­platz vor einem Super­markt und tele­fo­nie­ren mit ihren Han­dys. Irgend­je­mand hat dann tat­säch­lich den Woh­nungs­schlüs­sel und weiß eben­falls den Ort der Woh­nung. Inzwi­schen sind wir von ver­mut­lich 15 alba­ni­schen jun­gen Män­nern umringt. 

Die Fra­ge, wer das denn alles sei, wird mir mit „Fami­lie“ beant­wor­tet, um anschlie­ßend der alba­ni­schen Sip­pe vor­ge­stellt zu wer­den. Ich stau­ne und ler­ne: Hier sind fast alle mit­ein­an­der ver­wandt. Das Grü­ßen von Frau­en ist hier eher nicht ger­ne gese­hen. Mrs. L trägt‘s mit Fas­sung, unse­re erwach­se­ne Toch­ter auch. Die Woh­nung erweist sich als Pri­vat­woh­nung in einem Hoch­haus im fünf­ten Stock. Was hät­te ich sonst erwar­ten sol­len? Das ist schließ­lich kein Tou­ris­ten­ge­biet hier, die ein­zi­gen Tou­ris­ten sind Alba­ner oder Deut­sche mit alba­ni­schen Wur­zeln aus Deutsch­land, die hier in den Feri­en ihre Fami­li­en besu­chen.