Festivalgeschichte:
(K.S) Ab Mitte der 70er fanden sich nunmehr in das Alter des Führscheinbesitzers kommende Leute rund um Belecke, Rüthen und dem Möhnetal und dem Warsteiner Raum zusammen, um nicht nur ihre Freizeit zusammen zu verbringen, gemeinsam in den Urlaub zu fahren, Musik miteinander zu machen, Motorradtouren zu veranstalten, sondern auch, um ungezählte Partys zu veranstalten. Dafür war die Gegend hier zwischen dem Sauerland und dem Haarstrang ein wahres Paradies; es gab so viele schöne Plätze, Feldscheunen und Waldlichtungen, wo wir ungestört abfeiern konnten. Zentrum der Open- Air- Feiern war immer ein Lagerfeuer, möglichst umrundet von bequemen Strohballen. Nebenan warteten die Zelte, Motorräder und ‑auf mich- eine gute alte „Ente“.
Diese Partys gipfelten Anfang der 80er in den berüchtigten „Turmfeten“, die am Rand oberhalb einer Wohnsiedlung und den beginnenden Felder der Soester Börde im Belecker Norden auf dem Platz unter einem Fernsehumsetzer stattfanden.
Es wurde abgerockt bis zum Umfallen und selbst der Staatsordnungsapparat hatte soviel Spaß daran, daß er ständig immer wieder mal vorbeischaute, um uns die Ruhestörungsbeschwerden der Bewohner des ca. 3 km weit entfernten gegenüberliegenden Wohnhügels mitzuteilen. Die letzte große Feier fand 1983 statt, wo nunmehr mittlerweile mehrere hundert Leute, die nur durch Mundpropaganda gekommen waren, es ordentlich krachen ließen.
Durch diesen „Erfolg“ kam bei unserem sich später als „Initiative Kalkofen“ zusammenschließenden „Kern“ zum ersten Mal die Idee auf, ein Festival zu veranstalten, um noch mehr Gleichgesinnte für eine geile Zeit an einem schönen Ort für ein großes Fest zusammenzubringen.
Bei der Suche nach einem geeigneten Ort fanden wir schließlich den alten Steinbruch „Am Kalkofen“, der außerhalb von Ortschaften nördlich von Allagen- Westendorf gelegen ist. Er verfügte über alle Vorteile für ein Open- Air: keine Lärmbelästigung von Anwohnern, eine Natur- Arena mit einer grandiosen ohrförmigen Felswandabgrenzung, ausreichend viel Platz für Zelte und Autos auf den umliegenden Feldern und vor allem Wasser- und Stromversorgung durch eine nebenan liegende Firma.
Nach Vorverhandlungen mit dem Nachbarn (Strom, Wasser, Entwässerung), der Stadt Warstein (Nutzung, ordnungs- und baurechtliche Fragen, Verkehrsschilder), den Jägern (Unterverpachtung des Geländes), den Landwirten (Nutzung der Felder als Zelt- und Parkplatz), dem Förster (Baumaterial), dem Getränkehändler Prinz (Bier- Rondells, Kühlwagen, Getränkelogistik), dem PA- Verleih P. A. S. (Bühne, PA, Licht, Strom), der Feuerwehr, dem Malteser Hilfsdienst, dem örtlichen Motorradclub (Ordner), der G.E.M.A. (damals noch recht moderate Gebühren- s.a.u.), der Versicherungen (u.a. Haftpflicht), der örtlichen „Catering”- Firma Rottke (Würstchenbude, Grill, Versorgung mit Lebensmitteln), sonstigen „Ver- und auch Entsorgern“ (LKW- Planen, WC- Häuschen, Müllabfuhr, Strohballen, Kühlschränke, Installationen, Baustahlmatten für den Zaun um das Areal, Druckereien etc.) und der damals zu unserem Glück sehr mutigen örtlichen Spar- und Darlehnskasse (Vorfinanzierung) stand endlich fest: Warstein sollte sein erstes Freiluft- Rock- und Blues- Festival bekommen, das „Kalkofen- Open- Air“. Auch der Zeitpunkt drängte sich nach Rücksprache mit den anderen Vereinen vor Ort bzgl. des Veranstaltungskalenders geradezu auf: Ende der Sommerferien und Beginn der Stoppelfeldzeit, also Anfang- Mitte August. Dies sollte bis zum letzen Open- Air auch so bleiben.
In Arbeitsgruppen (Musik, Bau, Logistik etc.) wurden die Details geplant. Es wurden die ersten Verträge mit den Bands, die entweder über Demo- Bänder oder Besuch von anderen Festivals gefunden wurden, abgeschlossen. Es wurden Dutzende Freiwillige gefunden, die unentgeltlich über 100 eh dafür vorgesehene Bäume fällten und es aus dem Wald schleppten, die Traktoren und LKWs für Transporte bereit stellten, die die Rundbauten und Verkaufsstände vor Ort zusammenzimmerten und abschließend wieder abbauten und entsorgten, die die Plakate/Werbebänder/Flyer entwarfen und die Umgegend (und einmal sogar auch den Niagara-Fall) damit zukleisterten/ beflaggten/ bescheibenwischerten, die die Presse heiß machten, die den Theken- und Kassendienst beim Festival leisteten, die den Müll wegräumten, die die Behörden zufrieden stellten und die die Millionen von notwendigen Handgriffe und Gänge verrichteten, um das alles möglich zu machen.
Alles in allem über all die Jahre ein immer enger zusammenwachsender Haufen von „Chaoten“, die einfach Spaß daran hatten, zwei bis drei Wochen ihres Jahresurlaubs herzugeben für ein Fest, was in seiner atmosphärischen Art und zuletzt bis zu 5000 Besuchern einzigartig im Kreis Soest und Umgebung wurde.
Auch die Idee, die Erlöse zugunsten des Umweltschutzes zu spenden und während des Festivals den in dieser Zeit auch gesellschaftlich immer mehr aufkommenden Umweltschutzgedanken im Form von Ausstellungen, Informationen und Veranstaltungen unter die Leute zu bringen, war der Wunsch vieler Beteiligter und wurde zum Eckpfeiler der Veranstaltung.
Das erste Open- Air öffnete seine Pforte im August 1984- es war für uns alle ein grandioses Gefühl, daß fast 1000 Rock- und Blues- Freaks unser Angebot annahmen und mit Sack und Pack in ihren Zelten, an unserem Lagerfeuer und auf den Strohballen für ein langes Wochenende am Kalkofen einzogen. Der erste Akkord aus der Anlage, wohl der erste, den je ein dort ansässiger Feldhase wohl jemals wahrgenommen hatte, ließ uns das Adrenalin in die Adern strömen.
Es wurde für uns trotz des Regens ein musikalischer und gesellschaftlicher Erfolg- so viel Spaß, so viel gute Mukke, so nette Leute…aber leider auch ein finanzielles Desaster, für das letztlich wir zehn verantwortlichen Veranstalter mit unserem studentischen oder zusammenmalochten Privat- „Vermögen“ grade stehen mußten und für den Umweltschutz nichts übrig blieb.
Das aufgrund des finanziellen Ergebnisses mit dem “Kopf- durch ‑die Felswand” 1985 angegangene 2. Kalkofen, an das wir ohne Einschränkung „glaubten“, brachte dann trockenes Wetter, einen schon besseren Bekanntheitsgrad und somit auch mehr Zuschauer und glücklicherweise den geldlichen Ausgleich für den Verlust des ersten Jahrs.
Die heimische Presse bekam zudem immer mehr Spaß an der Berichterstattung, so daß keiner sagen kann, er wußte nichts von diesem Spektakel. Es gesellte sich im Laufe der Jahre auch der Hellweg- Rundfunk und der WDR mit seinen Kameras hinzu.
Bei dem dritten Festival kamen wir auch aufgrund der immer mehr steigenden Ausgaben, die zu den „besten Zeiten“ weit über 100.000,– DM betrugen, mit einem blauen Auge davon.
Nach und nach kam bei einigen kam die Einsicht, daß das Risiko aber auch der Arbeitsaufwand für alle Verantwortlichen doch sehr groß ist. So stiegen einige Gründer aus, neue kamen hinzu und 1987 wurde ein Jahr Bedenkpause eingelegt.
Mit einem Jahr Verzögerung konnten dann 1988 das 4. Open- Air stattfinden, das zum ersten Mal einen Erlös für den Umweltschutz brachte. Alle über die Jahre dann erwirtschafteten Gewinne wurden für Schulprojekte, Pionierarbeiten (u.a. die erste und auch noch selbst entwickelte private Windkraftanlage in Warstein- Taubeneiche), für Baumpflanzaktionen und weitere örtliche Umweltschutzaktionen gespendet.
Ein Jahr später beim 5. Open- Air krachte es dann so richtig- natürlich im positiven Sinn: Die Eintrittskarten wurden uns an der Abendkasse förmlich bis zum „Ausverkauft!“ aus der Hand gerissen, wir kamen nicht nach mit dem Herankarren von Bier und Essen, der Hexenkessel im Inneren des Rundbaus platze aus allen Nähten und die Stimmung drohte förmlich zu explodieren- alles gipfelte in dem grandiosen Auftritt der „Blues Brothers Revival Band“. Es wurde eine Megaparty, die zudem (vom ersten bis zum letzten Fest) immer außerordentlich friedlich verlaufen ist- und wir wußten: das Baby ist erwachsen geworden und hat sich nun endlich etabliert.
So war klar, es konnte und mußte weiter gehen. Die Kosten für Bands konnten anders kalkuliert werden, so daß das musikalische Angebot immer besser wurde. Selbst damals so angesagte Bands wie „Poems For Leila“ oder der Woodstock- Veteran Alvin Lee waren nun möglich.
Pressebericht Kalkofen 1995 mit dem unvergesslichen Alvin Lee (.pdf-Datei)