Ich weiß ja nicht ob der November je eine schöne Seite gehabt hat, wenn aber, dann zeigt der Monat die im Moment. Bisher war es nur “ein wenig frisch” hier im Sauerland und wir hatten für Novemberverhältnisse viel Sonne. Für Nicht-Sauerländer: Ein wenig frisch bezeichnet die Temperaturspanne von Null bis max. 5 Grad plus 🙂
Kategorie: Sauerland
Schafskälte
Die Schafskälte, eine Witterungsregelfall, der verbunden mit einer atypischen Kälte im Sommer um den 11. Juni herum auftritt, ist in diesem Jahr besonders pünktlich. Bei Temperaturen um 12 Grad und Regen ist es im Sauerland ziemlich ungemütlich. Diese Amselküken sind zumindest unter unserem Balkon in der Holzkiste vor Regen geschützt.
Das Land ist schwarz-blau
Das Sauerland spiegelt beim Wahltrend den Bundestrend wieder: Die CDU ist auch hier bei uns der große Gewinner der Europawahl. Mit ihrem Spitzenkandidaten Peter Liese holten sie 46,6 % der Stimmen. Die SPD verliert im Ländlichen 2,7 % und kommt somit nur noch auf 14,4 %, was besonders bitter für eine Partei ist, die die Regierung stellt. Die FDP verliert leicht und die AFD kann ein Plus von 5 % für sich verbuchen. Erschreckend sind dabei die Ergebnisse in einigen Dörfern, wo die AFD bis zu 30 % der Stimmen für sich gewinnen konnte. Großer Verlierer, gerade hier auf dem Land sind die Grünen. Verwunderlich ist das nicht, hatten doch die Landwirte vor ein paar Wochen gegen die Grünen mobil gemacht. Aber auch das vermurkste Heizungsgesetz und die Kriegsverherrlichung fällt den ehemaligen Pazifisten auf die Füße.
Für das Sauerland gilt, was für die Bundesrepublik und sogar für Europa gilt: die politische Stoßrichtung ist rechts.
Mir persönlich ist dabei noch nicht ganz klar, welche Anspruchshaltung bei denen ausschlaggebend ist, die der AFD ihre Stimme gegeben haben. Wenn die Begründung der massiven Wählerabstrafung der Grünen unter anderem in einer gefühlten oder tatsächlichen Wählerbevormundung liegt, scheint es mit der politischen Bildung von rund 16% der Bevölkerung nicht weit her zu sein, schließlich begründet sich der Rechtsextremismus auf einer autoritären Regierungsform, die dem Einzelnen kaum Rechte zugesteht – und mehr noch – der Regierungsform der Demokratie eine Absage erteilt. Bloggerkollege Horst Schulte sieht die Ursache in einer Geschichtsvergessenheit der jungen Genration.
Für die meisten Bürgerinnen und Bürger war die Europawahl wohl auch eine Abstrafungswahl, bei einer Bundestagswahl sehe die Stimmenverteilung wohl anders aus. Sieht man sich allerdings die Grafik zur stärksten Kraft in der Bundesrepublik an, wird schnell klar: CDU und AFD teilen sich in der Wählergunst das Land. Der Osten ist blau und der Rest schwarz.
Sauerländer Prärie
Das Sauerland gegen Rechts
Es mag im Sauerland etwas länger dauern, bis wir richtig ärgerlich werden, aber wenn es soweit ist, dann rappelt es hier gewaltig.
Mit bis zu 3.500 Demonstranten machte Neheim den Rechtsextremisten, Neonazis und AfD-Sympathisanten klar, dass sie auch im Sauerland nicht erwünscht sind. Die IG Metall, der Arbeitgeberverband, Kirchen, Schützenvereine und kleinere private Gruppierungen zeigten am Freitagnachmittag auf dem Marktplatz in Neheim Präsenz.
Die IG-Metall Arnsberg hat mir durch ihre Bevollmächtigte Carmen Schwarz eine Rednerin geschickt, die mit ihrer Stimme eindrucksvoll und lautstark deutlich gemacht hat, dass sie es hier wirklich ernst meinen.
Dr. Volker Verch, Chef des Arbeitgeberverbands, hatte die Worte von Carmen Schwarz für die Arbeitgeber im Umfeld in seltener Eintracht mit der Gewerkschaft unterstrichen.
Neheim setzt ein Zeichen gegen Rassismus, Ausländerhass, Antisemitismus und die rechte Ideologie. Das Sauerland ist vielfältig und widerstandsfähig gegen die neonazistischen Einflüsterungen der AFD und rechtsradikaler Propaganda.
Das hat Neheim an diesem Wochenende eindrucksvoll bewiesen.
Frieda Braun — Sprechpause
„Ist die Presse hier?“, „Hören Se, wenn se morgen berichten, lassen se mich da raus.“ Frieda Braun, die Kult-Sauerländerin, selbst gebürtig aus Winterberg, war zu Gast in Rüthens Stadthalle und ließ es mit ihrem Programm richtig krachen. „Sprechpause“, so der Name, war dabei eben nicht programmatisch.
Frieda Braun erzählt Geschichten aus dem Sauerland, ganz banale Dinge, die aber durch die Mimik und den Erzählduktus so witzig werden, dass Karin Berkenkopf, alias Frieda Braun den Saal zum Kochen brachte. Ob nun zum Schweigeseminar zur Einkehr und meditativer Besinnung, ein erotischer Abend mit Freundinnen oder alltägliche Situationen mit “es”- Mia.
Frieda wusste ihr Publikum in den Bann zu ziehen und das Publikum dankte mit tosendem Applaus. Und wenn sie beispielsweise die in den achtziger Jahren idiotische Erfindung der Milch in Schlauchverpackung auf‘s Korn nimmt, wusste der Zuschauer gedanklich: Genau so war’s, die Milch entleerte sich entweder schwallartig aus dem Schlauch oder fiel in einem Stück aus dem Plastikbehälter auf den Boden, wo der Schlauch zerplatzte. Frieda Braun schafft es scheinbar banale Alltagssituationen witzig auf den Punkt zu bringen, ihre Mimik und Gestik ist dabei so gut, dass die Komik sich oftmals noch vor der Erzählung Bahn bricht.
Ein unterhaltsamer Abend zum besseren Verständnis des Sauerländer-Seelenlebens.
Jau käh
Der Sauerländer ist ja für seine sparsame Konversation bekannt. Das zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten und Berufsgruppen und ist eines der Eigenschaften hier im Sauerland, die ich zu schätzen weiß. Für Außenstehende mag das manchmal etwas befremdlich, unhöflich oder mürrisch wirken, ist aber nicht so gemeint.
Vor allem aber – durch die Art der sparsamen Kommunikation kriegen wir hier im Sauerland eine Menge auf die Kette, was sonst durch unendliches Palaver totgeredet würde. Insbesondere im beruflichen Umfeld hilft das meiner Meinung nach – übrigens gegen jedweden Trend – ungemein. Wenn wir reden, reden wir tachless. Beispielsweise würde die Frage beim Abendessen, ob man satt ist oder vielleicht noch eine Kleinigkeit essen möchte, abkürzt mit:“Willze nochen Butta“. Zack feddich.
Nix palavern – einfache Frage, einfache Antwort. Ein korrekter Satzbau wird weder verlangt, noch ist er notwendig. Für das Bejahen einer Frage reicht: Jau, käh, Verneinung entsprechend: nee.
Beim Besuch meines Hautarztes und chirurgischer Entfernung eines Fibroms fielen von der Begrüßung mal abgesehen: „Morjn“, ganze neun Wörter und ich war mit einem Pflaster auf der Backe entlassen.
„Achtung pikst“
„Jau“
„Geht?“
„Jau“
„Gut, feddich“
„Danke“
„Tschüss“
Mehr ist ja auch nicht nötig, woll?
Bis das der TÜV uns scheidet
Die ältere Dame zeigte sich gegenüber dem TÜV-Prüfer empört. Der 26 Jahre alte Nissan bekommt keine TÜV-Plakette, mehr noch, der TÜV-Prüfer begutachtete den Wagen als schrottreif. Die ältere Dame ist Mrs.L‑Senior und erzählte mir entrüstet am Telefon von der Begebenheit beim TÜV.
„Das musst Du Dir mal vorstellen, das Auto habe ich doch gerade mal 20 Jahre und habe dafür eine Menge Geld bezahlt, für das Geld muss ein Auto doch mindestens 30 Jahre lang halten, oder?“
„Na ja, ein Wertverlust von nicht mal 300 Euro im Jahr ist jetzt nicht so schlecht, versuchte ich einzulenken.“
„Paperlapapp, meine 30 Jahre alte Miele Waschmaschine läuft auch noch und die hat nicht mal die Hälfte von dem Auto gekostet“, bekam ich eine Lektion in Wirtschaftlichkeit von Produktionsgütern.
Dass eine Waschmaschine nicht mit einem Auto zu vergleichen ist, wollte sie nicht gelten lassen.
Letztendlich siegte die erkennbare Wahrnehmung über den Idealismus.
„Ich brauche also ein neues Auto,“ stellte Mrs.L‑Senior fest, „bist Du mit behilflich, du kennst dich doch im Internet aus.“
„Ja klar“, antwortete ich, „Was willst Du denn anlegen?“
„Na ja, so 2000 Euro würde ich schon bezahlen wollen, aber dann muss es auch was Vernünftiges sein“, bekam ich zur Antwort.
„Für das Geld gibt’s ‘ne Miele Waschmaschine, aber die brauchst Du ja nicht.“
„Quatsch, ich will ja kein neues Auto, das muss reichen“.
Ein Hinweis darauf, dass neue Autos heute so viel kosten, wie seinerzeit ganze Häuser, ersparte ich ihr und mir an der Stelle.
Da ich um die Hartnäckigkeit von Mrs.L‑Senior in Bezug auf Einsparnisse aller Art wusste, verabschiedete ich mich mit dem Hinweis: “Wenn Du bereit bist, eine realistische Summe zu investieren, meld‘ dich.”
Gestern dann ein Anruf, sie hätte ein Auto gefunden, ob ich mal gucken könnte.
…… Fortsetzung folgt
Hundehaufenverwalter
Das Fähnchen im Hundekot soll ganz offensichtlich den Unmut eines Mitbürgers über die Hinterlassenschaften eines (hoffentlich) vermuteten Vierbeiners auszudrücken und wirft doch zugleich eine Menge Fragen auf.
Neben mangelndem Interesse oder Kenntnis in Sachen Orthografie lassen Organisation und Planung entweder auf lückenhafte Impulskontrolle schließen — wobei die korrekte Bastelarbeit dem eigentlich widerspricht — oder als zweite Variante das Gegenteil, nämlich die Vermutung auf einen sehr disziplinierten, gewissenhaften Hinweisgebers, der im Zuge der Fäkalerkundungen bereits ein Arsenal an Fähnchen vorproduziert zu Hause eingelagert hat, um im entscheidenden Moment die selbstgebastelte Meinungsbekundung in der Hinterlassenschaft zu drapieren.
Da der Aussage auf dem Schild der Imperativ fehlt, ist es indes schwer für den Missetäter, die notwendige Konsequenz zu ziehen und das nicht nur, weil der direkte Delinquent vermutlich nicht lesen kann.
Der Halter des Hundes könnte sich mit der Aussage, als Pottsau abgesegnet zu sein, gedanklich anfreunden und seine Handlungen weiter fortsetzen.
Besser wäre eine direkte Handlungsempfehlung mit unterschwelliger Kritik: „Bitte machen Sie die Hinterlassenschaften ihres Hundes weg, das ist eine Sauerei!“ etwa, oder der Hinweis auf den Bußgeldkatalog des Landes NRW, der einen Haufen verdauten Hundedarminhalts mit bis zu 100 Euro Bußgeld sanktioniert.
Vermutlich würde dann das Hinweisschild ob der dann notwendigen Größe die Fäkalie überdecken und das wäre ja auch SCHEI…