Erste Tour

Man­sch­mal zieht’s noch im Steiß und ich fra­ge mich, ob die Sitz­po­si­ti­on a la Easy Rider, für die ich vor zwan­zig Jah­ren mein Motor­rad umge­baut habe, noch was für den rei­fen Biker ist. Sei’s drum für 170 km quer durchs Sau­er­land kann’s her­nach ruhig ein biss­chen zwicken. 

Wundersame Geldvermehrung

Vor ein paar Jah­ren ging ein Spiel im Sau­er­land um, dass den sin­ni­gen Namen „Take Off“ trug und des­sen Anfän­ge so mys­te­ri­ös auf­ge­baut waren, dass mei­ne Neu­gier geweckt wur­de. Eines schö­nen Sonn­tags besuch­te mich ein Bekann­ter, um mir ein Anbot zu machen mit dem ich schwer reich wer­den wür­de, er wäre bereits auf dem bes­ten Weg viel Geld zu ver­die­nen. Bis­her aller­dings schien die gro­ße Koh­le aus­ge­blie­ben zu sein, erkann­te ich doch vor der Tür sei­ne alte Kar­re wie­der, die schon damals nicht dazu taug­te Stre­cken wei­ter als 80 km zurückzulegen.

Fra­gen mei­ner­seits zu die­ser Art des Geld­ver­die­nens blei­ben unbe­ant­wor­tet, das gan­ze war so undurch­sich­tig, dass ich befürch­ten muss­te, mein Bekann­ter wür­de mit Nukle­ar­spren­köp­fen han­deln. Ich beeil­te mich ihm also mit­zu­tei­len, dass ich jed­we­den schwung­haf­ten Han­del mit was auch immer grund­sätz­lich ableh­nen wür­de – ers­tens weil ich als Kri­mi­nel­ler nicht viel tau­ge und zwei­tens woll­te ich mei­ne sonn­tags­nach­mit­täg­li­che Ruhe­pau­se auf kei­nen Fall gestört wis­sen. Mein Bekann­ter beeil­te sich zu sagen, dass sein Ange­bot nichts mit kri­mi­nel­ler Ener­gie zu tun hät­te; ich sol­le nur zu einer Ver­samm­lung mit ihm gehen, des­sen Ort er nicht preis­ge­ben kön­ne, außer­dem soll­te ich zwan­zig Mark mit­brin­gen, das Gan­ze woll­te ja auch finan­ziert wer­den. Nach­dem mei­ne letz­te Argu­men­ta­ti­on der Hin­weis auf die Haus­tür war, bot er mir die Über­nah­me der Ein­tritts­kos­ten an – nebst Erstat­tung der Kos­ten für Essen und Trin­ken. Das klang schon bes­ser. Die anschlie­ßen­de Ver­samm­lung, die wir besuch­ten ent­pupp­te sich als Ansamm­lung hys­te­ri­scher Men­schen, die immer wie­der einen Zuschau­er aus dem Saal auf die Büh­ne hol­ten um ihm oder ihr unter fre­ne­ti­schem Bei­fall einen Geld­schein in die Hand drück­ten und immer wie­der jubelnd die Vor­zü­ge wun­der­sa­mer Geld­ver­meh­rung priesen.

Die­ses „Schee­ball­sys­tem“ wird alle Jah­re wie­der unter einem neu­en Namen ver­sucht und führt im ungüns­tigs­ten Fall in den Knast oder im güns­ti­ge­ren Fall zu Ärger mit dem Finanzamt.

Heu­te haben wir das Netz und man braucht nicht mehr unwil­li­ge Bekann­te dazu zu über­re­den, Geld in eine Sache zu inves­tie­ren, die sich im Nach­hin­ein als ein­sei­ti­ge Geld­ver­tei­lung erweist – und die Mehr­heit der Teil­neh­mer leer aus­ge­hen lässt. Second live scheint so ein Spiel zu sein.

“Second Life ist eine Web-3D-Simu­la­ti­on einer vom Benut­zer bestimm­ten vir­tu­el­len Welt von all­ge­mei­nem Nut­zen, in der Men­schen inter­agie­ren, spie­len, Han­del betrei­ben und ander­wei­tig kom­mu­ni­zie­ren kön­nen. Das seit 2003 online ver­füg­ba­re Sys­tem hat inzwi­schen über vier Mil­lio­nen regis­trier­te Nut­zer, von denen rund um die Uhr durch­schnitt­lich zwi­schen 15.000 und 30.000 das Sys­tem aktiv nutzen.”

“Es gibt kos­ten­freie und kos­ten­pflich­ti­ge Second-Life-Accounts. Der Unter­schied zwi­schen den Accounts besteht vor allem dar­in, dass ein Spie­ler mit einem kos­ten­frei­en Account kein vir­tu­el­les Land kau­fen kann, das zur dau­er­haf­ten Erstel­lung von umfang­rei­chen Objek­ten wie Häu­sern und Land­schaf­ten benö­tigt wird. Durch die Ein­bin­dung einer vir­tu­el­len Wäh­rung (L$, Lin­den Dol­lars), die in eine rea­le Wäh­rung (US-$) trans­fe­riert wer­den kann, ist Second Life auch in den rea­len Wirt­schafts­kreis­lauf ein­ge­bun­den. und das gegen­wär­tig die bedeu­tends­te Han­dels­wa­re des Sys­tems ist.” 

Quel­le: wikipedia.org

Bei einem rein vir­tu­el­len Han­del steht dem rea­len Geld­wert aller­dings kein rea­les Pro­dukt gegen­über, so dass spä­tes­tens beim Abschal­ten des Ser­vers der Markt nicht mehr exis­tent ist — und das Geld auf­grund feh­len­der Haf­tung, bzw. feh­len­der Rechts­grund­la­gen futsch sein dürfte.

Fastenzeit — hier und anderswo

Mit dem heu­ti­gen Tage beginnt in katho­lisch gepräg­ten Gegen­den die Fas­ten­zeit, also prak­tisch eine Zeit mit der Besin­nung auf’s Wesent­li­che. Der Bay­er, ganz Prak­ti­ker ruft des­halb ab mor­gen die Stark­bier­zeit aus um dem bier­mal­trä­tier­ten Kör­per nicht all­zu schnell eine Rück­ge­wöh­nung zuzu­füh­ren. Aber auch wir hier im Sau­er­land sind dafür bekannt, prag­ma­ti­sche Men­schen zu sein und so war die Ant­wort ges­tern in einer Run­de als Reso­nanz auf die Fas­ten­zeit: „Macht nix, das biss­chen was ich esse, kann ich auch trinken.“ 

Im Sauerland

Der Sau­er­län­der ist ein komi­scher Kauz: wort­karg, dick­köp­fig, trink­fest, tra­di­ti­ons­be­wusst und nach­tra­gend. Er reagie­re, so sag­te mir neu­lich ein zuge­zo­ge­ner Ham­bur­ger, immer so wie man es über­haupt nicht erwar­te. Das alles ent­spricht der Wahr­heit und wenn man sich die Her­kunft des Namens ver­in­ner­licht, könn­te man geneigt sein, die Namens­ge­bung im Kon­text mit dem Cha­rak­ter des Sau­er­län­ders zu sehen. Der Name Sau­er­land stammt nicht vom Wort sau­er ab, son­dern vom Wort sur aus dem mit­tel­al­ter­li­chen Nie­der­deutsch, was soviel wie schwie­rig bedeutet.

Aller­dings ist nicht der Cha­rak­ter des Sau­er­län­ders gemeint, son­dern, dass es frü­her auf­grund der Ber­ge und Täler schwie­rig war, durch das Sau­er­land zu reisen.

Ich hat­te neu­lich bei einem Semi­nar die Gele­gen­heit als Sau­er­län­der für Hei­ter­keit zu sor­gen. Der Refe­rent gab sich gro­ße Mühe, die Pro­ble­ma­tik der Durch­läs­sig­keit von fir­men­spe­zi­fi­schen Infor­ma­ti­ons­truk­tu­ren eines gro­ßen Kon­zerns zu erklä­ren. Der Kon­zern arbei­tet welt­weit und hat in Deutsch­land bun­des­weit sei­ne Geschäfts­fel­der. Sei­ne Auf­ga­be sei es, so der Vor­tra­gen­de, die Infor­ma­tio­nen so auf­zu­be­rei­ten, dass sie von jedem Mit­ar­bei­ter rich­tig ver­stan­den wür­de. Schwie­rig wäre das in sofern, als das die Kol­le­gen in Schles­wig-Hol­stein ein ande­res Ver­ständ­nis hät­ten, als die Kol­le­gen im Sau­er­land, wo der Kon­zern einen Stand­ort hat. Am Ende des Refe­rats habe ich mich gemel­det und gesagt, er müs­se das noch mal erklä­ren, ich hät­te nichts ver­stan­den, da ich aus dem Sau­er­land käme. Gro­ßes Geläch­ter. Den Hei­ter­keits­aus­bruch der Semi­nar­teil­neh­mer konn­te ich nicht nach­voll­zie­hen, ich hat­te wirk­lich nichts verstanden.

Natür­lich kann auch ein gewis­ser Ein­fluss der zahl­rei­chen Braue­rei­en auf das Trink­ver­hal­ten des Sau­er­län­ders nicht wider­spro­chen wer­den. Bei Schüt­zen­fes­ten bei­spiels­wei­se ist es Tra­di­ti­on, in schnel­ler Abfol­ge, von mor­gens bis nachts, ohne Rück­sicht auf die Pro­mil­le­wer­te, so viel Bier zu trin­ken wie rein bio­lo­gisch in den Kör­per geht. Das das natur­ge­mäß zu eini­gen merk­wür­di­gen Sze­nen führt, ver­steht sich von sel­ber. In sei­ner urei­gens­ten Logik fuhr ein Bau­er mit sei­nem Tre­cker direkt vor die Schüt­zen­hal­le, um das Schüt­zen­fest zu fei­ern. Er wäre nach dem Schüt­zen­fest so voll, gab der Bau­er als Erklä­rung ab, dass er nicht mehr lau­fen kön­ne und mit dem Tre­cker kön­ne er übers Feld nach Hau­se fah­ren. Nach besag­tem Fest stürz­te eben­die­ser Bau­er aus der Hal­le und ver­such­te, beob­ach­tet von der Dorf­po­li­zei, auf sei­nen Tre­cker zu stei­gen. Nach dem er drei­ßig­mal auf der gegen­über­lie­gen­den Sei­te vom Tre­cker gefal­len war, erbarm­te sich die Poli­zei und brach­te den ange­schla­ge­nen Land­wirt im Strei­fen­wa­gen nach Hause.

Die nach­ge­sag­te Wort­karg­heit des Sau­er­län­ders muss man mei­ner Mei­nung nach doch ein wenig rela­ti­vie­ren. Es muss ja nicht immer alles was bereits gesagt wur­de noch ein­mal im gro­ßen Zusam­men­hang erläu­tert wer­den. Wir Sau­er­län­der haben ein gutes Gedächt­nis und wis­sen meist, wor­um es geht. Stimmt doch, oder? — Jau käh.(pelo.)