30. internationale Montgolfiade

Nach drei Jah­ren des Coro­na beding­ten Aus­falls sind zum 30. Jubi­lä­um der Mont­gol­fia­de hier im Sau­er­land, genau­er in War­stein, bei gutem Wet­ter die Bal­lo­ne und eini­ge Son­der­for­men wie­der gestar­tet. Wir haben hier meis­tens Glück, da die Strö­mung min­des­tens ein-zwei­mal in den 10 Tagen so güns­tig ist, dass die Bal­lo­ne direkt vor unse­rer Haus­tür her­fah­ren. Da wir rund um Dre­wer eben­falls in die­ser Zeit über jede Men­ge abge­ern­te­ter Fel­der ver­fü­gen, lan­den vie­le Pilo­ten auch am Orts­rand. Für schö­ne Bal­lon­bil­der brau­che ich also meist nur auf den Bal­kon zu gehen. Heu­te ist übri­gens der letz­te Tag der Mont­gol­fia­de mit einem viel­fäl­ti­gem Pro­gramm, Par­ty, Feu­er­werk und Night-Glow eingeschlossen.

Bremen besichtigen

Mrs. L und ich sind ja gro­ße Fans von Städ­te­tou­ren. In der letz­ten Woche ging es nach Bre­men – und welch‘ Zufall – es war auch noch gera­de Weih­nachts­markt. Das allei­ne war schon mäch­tig impo­sant, denn die Stadt schien von Beleuch­tungs­zu­rück­hal­tung wenig zu hal­ten. Ich den­ke aber auch, das liegt viel­leicht dar­an, dass Bre­men nicht eben arm ist. Jeden­falls hat­ten Mrs. L und ich uns auf die ver­schie­de­nen Sehens­wür­dig­kei­ten kon­zen­triert, der Weih­nachts­markt war dann noch die Bei­ga­be oben­drauf sozusagen.

Gese­hen haben muss man auf jeden Fall das Schnoor-Vier­tel, das prak­tisch unver­än­dert seit dem 15. Jahr­hun­dert Krieg und Abriss­plä­nen zum Trotz inmit­ten der Alt­stadt Bre­mens besteht. Vie­le inter­es­san­te Läd­chen haben sich hier in den engen Gän­gen des Vier­tels unter wun­der­schö­nen restau­rier­ten Häu­sern ange­sie­delt. Ein wei­te­res High­light ist die Bött­cher­stra­ße, die Anfang des 20. Jahr­hun­derts erbaut, mit Back­stein­ar­chi­tek­tur und zahl­rei­chen Kul­tur­denk­mä­lern eine wei­te­re Tou­ris­ten­at­trak­ti­on darstellt.

Ein­gangs­ge­schäft zum Schnoor-Viertel

Von den zahl­rei­chen Muse­en in Bre­men ist das Uni­ver­sum zu emp­feh­len. In die The­men­be­rei­che Mensch, Natur und Tech­nik unter­teil­te Expo­na­te laden die Besu­cher zum Mit­ma­chen und Erle­ben ein. In beson­de­rer Wei­se ist mir ein Erd­be­ben­raum in Erin­ne­rung geblieben.

Ein als Wohn­zim­mer auf­ge­mach­tes Gebäu­de, wo der Besu­cher auf dem Sofa sit­zend ver­schie­de­ne Stär­ken eines simu­lier­ten Erd­be­bens mit­er­le­ben kann. Der schie­fe Raum, als Küche auf­ge­baut, ließ mich inso­fern erstaunt zurück, als das ich an der Wand ent­lang­han­gelnd schwin­de­lig den Aus­gang gesucht habe. Opti­sche Täu­schun­gen, phy­si­ka­li­sche Expe­ri­men­te und Simu­la­tio­nen las­sen jeden­falls kei­ne Lan­ge­wei­le aufkommen.

Die Deindustrialisierung der Bundesrepublik

„Wenn ein Kolo­ni­al­wa­ren­händ­ler in sei­nem klei­nen Laden so vie­le Dumm­hei­ten und Feh­ler mach­te wie die Staats­män­ner und Gene­rä­le in ihren gro­ßen Län­dern, wäre er in spä­tes­tens vier Wochen bank­rott.“ [Erich Kästner]



Der Wäh­ler ist lei­der ein ver­gess­li­ches Wesen und das weiß bei­spiels­wei­se der Oppo­si­ti­ons­füh­rer der CDU, Fried­rich Merz, natür­lich auch. So for­der­te Merz im Früh­ling 2022 rus­si­sche Gas­lie­fe­run­gen durch die Pipe­line Nord Stream 1 sofort zu stop­pen. Eine Ein­schrän­kung der Gas­ver­sor­gung müs­se man akzep­tie­ren, schwa­dro­nier­te der selbst­er­nann­te Wirt­schafts­exper­te laut­hals. Merz war nicht der ein­zi­ge Poli­ti­ker, der durch die­se Fehl­ein­schät­zung die Bun­des­re­pu­blik einer Rezes­si­on näher gebracht hat.

Par­tei­freund Rött­gen „appel­lier­te“ zur glei­chen Zeit eben­falls an die Bun­des­re­gie­rung, die Gas- und Ölim­por­te aus Russ­land „jetzt“ zu stop­pen. Es sei mög­lich, die aus­blei­ben­den Gas­lie­fe­run­gen durch Gas­vor­rä­te bis zum nächs­ten Win­ter zu erset­zen. Auch die FDP, sonst Lieb­ling der Wirt­schafts­bos­se for­der­te einen sofor­ti­gen Gas­stopp aus Russ­land. Allen vor­an Marie-Agnes Strack-Zim­mer­mann, die sei­ner­zeit die Dro­hung des rus­si­schen Prä­si­den­ten zur Abschal­tung von Nord-Stream 1 gar als Ver­zweif­lungs­tat auf­grund der Aus­wir­kun­gen in sei­nem Land inter­pre­tier­te.

Die Lis­te der Fehl­an­nah­men von Poli­ti­kern könn­te noch sei­ten­wei­se wei­ter­ge­führt wer­den. Aber natür­lich kann man nicht ein­zel­nen Poli­ti­kern die Schuld für die gro­ßen wirt­schaft­li­chen Ver­wer­fun­gen geben, wohl aber muss eine gewis­se Weit­sicht denen zu eigen sein, die über Wohl und Wehe eines gan­zen Staa­tes bestim­men oder doch zumin­dest mitbestimmen.

Poli­ti­ker brau­chen kei­ne beson­de­ren Befä­hi­gun­gen, um ihr Amt aus­zu­füh­ren. Aber wer dazu bei­trägt mit uner­träg­li­chem Geschwätz Poli­tik mit­ver­ant­wort­lich so zu gestal­ten, dass den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern in ihren Aus­wir­kun­gen gro­ßen Scha­den zufügt wird, der soll­te zurücktreten.

Oft­mals jedoch wer­den poli­ti­sche Rück­trit­te aus­ge­rech­net von den Poli­ti­kern gefor­dert, die sich im Nach­hin­ein in ihrer Aus­sa­ge als treff­si­cher bewie­sen. Rück­tritts­for­de­run­gen von Wirt­schafts­mi­nis­ter Habeck, weil der viel­leicht etwas unglück­lich einen zeit­wei­sen Pro­duk­ti­ons­still­stand rich­ti­ger­wei­se nicht mit einer Insol­venz gleich­setzt, zeu­gen nicht nur Cha­rak­ter­ver­feh­lun­gen son­dern erheb­li­chen Wis­sens­lü­cken in Wirt­schafts­fra­gen, die der Wäh­ler bei der nächs­ten Wahl ent­spre­chend wür­di­gen sollte.

Tat­säch­lich war es Wirt­schafts­mi­nis­ter Habeck, der in dem Monat der sich über­bie­ten­den Rufe nach einem sofor­ti­gen Stopp der Gasim­por­te bereits im März vor schwers­ten wirt­schaft­li­chen und gesell­schaft­li­chen Fol­gen für die Bun­des­re­pu­blik warn­te.

Ach und falls es noch nicht ganz so bekannt ist, was die Befür­wor­ter von „Stoppt die Gasim­por­te sofort“ und dem dann tat­säch­li­chen Import­stopp durch Putin erreicht haben, sei ein Blick in die­se Lis­te empfohlen.

Krieg ist immer ein politischer Akt

Na das hat ja nicht lan­ge gedau­ert. Ich war wirk­lich gespannt, wer sich wohl als ers­tes aus der Deckung wagt und den Ein­satz von Boden­trup­pen für die Unter­stüt­zung des Kriegs in der Ukrai­ne for­dert. Aus­ge­rech­net die TAZ ver­öf­fent­lich­te einen Kom­men­tar des Publi­zis­ten Udo Knapp, der neben­bei bemerkt, als 1945 Gebo­re­ner eigent­lich noch wis­sen müss­te, dass mit einer Ent­gren­zung des Krie­ges eine Befrie­dung nicht her­bei­zu­füh­ren ist. Das Gegen­teil ist der Fall.

Dabei ist Knapp einem Trug­schluss auf­ge­ses­sen, den vie­le Anhän­ger des Bel­li­zis­mus als Legi­ti­ma­ti­on für eine mili­tä­ri­sche Ein­mi­schung in das Kriegs­ge­sche­hen nut­zen: Der Ukrai­ne-Krieg die­ne Putin nur als Zwi­schen­ziel zur voll­stän­di­gen Ver­nich­tung des Wes­tens. Die­se Erzäh­lung eig­net sich eben­falls dazu, dem Sou­ve­rän auf­kom­men­de „Kriegs­mü­dig­keit“ zu verleiden.

In der Logik des TAZ Publi­zis­ten kann die­se Ent­wick­lung nur gestoppt wer­den, wenn west­li­che Boden­trup­pen an der Sei­te der ukrai­ni­schen Armee in das Kriegs­ge­sche­hen aktiv ein­grei­fen, de fac­to wäre das die offi­zi­el­le Kriegs­er­klä­rung gegen Russland.

Bis­her ist das nur eine Mei­nung, wobei ich ver­mu­te, dass die selbst­er­nann­ten Mili­tär­ex­per­ten der poli­ti­schen Büh­ne min­des­tens gedank­lich im stil­len Käm­mer­lein auch bereits die­se Opti­on in Erwä­gung gezo­gen haben.

Ins­be­son­de­re die Grü­nen haben dabei eine erstaun­li­che Meta­mor­pho­se hin­ter sich. Von einer Par­tei, des­sen Grund­satz­pro­gramm sich aus der pazi­fis­ti­schen Bewe­gung der acht­zi­ger Jah­re speis­te hin zur kriegs­füh­ren­den Regie­rung, das muss man erst mal schaf­fen, ohne sich als Par­tei selbst auszuradieren.

„Kei­ne Waf­fen und Rüs­tungs­gü­ter in Kriegs­ge­bie­te. Grün wäh­len!“, skan­dier­ten die Grü­nen noch bis vor kur­zem. Aber ja, die wei­ßen Tau­ben sind müde und Pazi­fis­ten sind Spin­ner. Bei so viel Wan­del wer­den feuch­te Träu­me bei denen wahr, die die rhe­to­ri­sche Fra­ge zum tota­len Krieg mit einer Gän­se­haut auf dem Unter­arm quit­tiert wissen.

CDU-Mann Nor­bert Rött­gen hielt im Zusam­men­hang mit dem Irak-Krieg Waf­fen­lie­fe­run­gen in aku­te Kriegs­ge­bie­te noch im Jahr 2014 für höchst pro­ble­ma­tisch. Aber was inter­es­siert einen Poli­ti­ker sein Geschwätz von ges­tern, wenn es dar­um geht Teil einer poli­ti­schen Eli­te zu sein, die in ihrer Vor­stel­lung von einem gerech­ten Krieg die Welt vom Teu­fel befreit?

Seit über 75 Jah­ren herrscht in Mit­tel­eu­ro­pa Frie­den. Das scheint zu lang zu sein, dass sich das Volk dar­an erin­nert was Krieg bedeu­tet. Viel­leicht hilft die Erin­ne­rung an ein Zitat von August Bebel:

„Nicht die Völ­ker sind es, die kriegs­lüs­tern sind…“

Paywall umgehen

Pay­walls, das sind die Bezahl­schran­ken des Inter­nets für Maga­zin­sei­ten. Sie sind nicht nur ärger­lich, mei­ner Mei­nung nach ver­hin­dern Pay­walls eben­falls eine ver­nünf­ti­ge Mei­nungs­bil­dung, da es ja meist die mehr oder weni­ger seriö­sen Maga­zi­ne sind, die ihre Arti­kel hin­ter einer pay­wall ver­ste­cken. Dass Online Maga­zi­ne Geld ver­die­nen müs­sen, ist wohl unbe­strit­ten. Vor ein paar Jah­ren noch war es mög­lich ein­zel­ne Arti­kel für schma­les Geld zu lesen. Heu­te muss ein Abo erwor­ben wer­den, dass schon mal zwei­hun­dert Euro im Jahr kos­ten kann. Das muss nicht sein, die pay­wall lässt sich bei den meis­ten Maga­zin­sei­ten umge­hen – und das legal. 

Eine cli­ent­sei­ti­ge Pay­wall lädt zuerst Inhal­te in Ihren Brow­ser und prüft dann, ob Ihre IP-Adres­se eine Berech­ti­gung hat, bevor der Inhalt ange­zeigt wird. Soll­te der Nut­zer kei­ne Berech­ti­gung haben, wer­den die Inhal­te unles­bar gemacht.
Die nor­ma­le Sei­te befin­det sich also im Netz, ansons­ten wür­de Goog­le die Sei­te auch nicht indi­zie­ren. Das Prin­zip ist also nicht, die pay­wall zu kna­cken, son­dern nur die Ori­gi­nal­sei­te auf­zu­ru­fen und das ist nicht verboten. 

Zwei Tools, die für vie­le gän­gi­ge Sei­ten funk­tio­nie­ren sind 12ft lad­der und die way­back machi­ne

Ein­fach den Link der pay­wall Sei­te kopie­ren und ein­set­zen (bei archive.ph unter Such­be­griff) und schon dürf­te in den meis­ten Fäl­len die Ori­gi­nal­sei­te ohne Bezahl­schran­ke erscheinen. 

Tour de Ruhr

Wie­so in die Fer­ne schwei­fen, wenn das Gute vor der Haus­tür liegt. Urlaub im Ruhr­ge­biet, vor ein paar Jah­ren noch wäre das eher als Witz denn als ernst­ge­mein­te Alter­na­ti­ve durch­ge­gan­gen. Heu­te aller­dings lädt die Ruhr an den Ufern zum Ver­wei­len ein. Der Bal­de­ney­see als der größ­te von ins­ge­samt sechs Stau­seen im Ruhr­ge­biet bie­tet alles, was man an Was­ser­sport so anstel­len kann. Mit dem Fahr­rad ist die Metro­po­le vom Sau­er­land aus durch den Ruhr­tal-Rad­weg verbunden.

Die Hotels und Gas­stät­ten an der Ruhr haben sich inzwi­schen auf die zahl­rei­chen Rad­fah­rer ein­ge­stellt und bie­ten Unter­stell — und Lade­mög­lich­kei­ten für das Fahr­rad (soweit mit Motor).

Rund um den Bal­de­ney See ver­läuft der Fahr­rad­weg so flach, dass er aller­dings auch ohne Motor zu bewäl­ti­gen ist. Auch kuli­na­risch hat das Ruhr­ge­biet eini­ges zu bie­ten. Natür­lich gibt es neben der hohen Küchen­kunst noch die uri­gen Knei­pen, wo der Wirt Fra­gen nach der Tages­kar­te mit dem Hin­weis auf Omas Fri­ka­del­len beant­wor­tet und die Nach­fra­ge nach einem Bröt­chen zusätz­lich mit “Ist schon mit drin”.

Als Sau­er­län­der weiß man aller­dings auch, dass Knei­pen gegen den Durst erfun­den wur­den. Mit dem Fahr­rad ist man direkt und schnell vor dem Ort mög­li­cher Sehens­wür­dig­kei­ten, The­men­schwer­punk­te der Rou­te Indus­trie­kul­tur lie­gen eben­falls an der Stre­cke und sind ent­spre­chend ohne läs­ti­ge Park­platz­su­che zu bewerkstelligen.

Krieg als Mittel der Politik

Der deut­sche Phi­lo­soph Hegel sah im Krieg etwas Rei­ni­gen­des, dass die »Staa­ten vor der Fäul­nis bewahrt, in wel­che sie eine dau­ern­de Ruhe oder gar ein ewi­ger Frie­den ver­set­zen wür­de.« Vor Beginn des 1. Welt­krie­ges sahen auch eini­ge Intel­lek­tu­el­le den Kriegs­ein­tritt positiv.

»Anton Wild­gans, Georg Heym, Tho­mas Mann, Georg Tra­kl, Ernst Jün­ger, Max Sche­ler, Her­mann Bahr, Georg Sim­mel, Hugo von Hof­manns­thal, Rai­ner Maria Ril­ke, Robert Musil, Oskar Kokosch­ka usw. – begrüß­ten den Krieg. Sie sahen in ihm nicht das Ende oder den Unter­gang, son­dern die Ver­än­de­rung, den Auf­bruch in eine neue, bes­se­re Welt, frei von Deka­denz, Uti­li­ta­ris­mus und Entfremdung.«

Selbst Ärz­te und Wis­sen­schaft­ler waren dem Krieg zuge­tan, als »Aus­le­se der schwa­chen Gesell­schafts­seg­men­te und als Prüf­stein, an dem alles aus­ge­schie­den wür­de, was krank und faul ist.«

Ich kann mich des Ein­drucks nicht erweh­ren, dass auch heu­te vie­le Medi­en­ver­tre­ter, Poli­ti­ker und Bür­ger dem nicht abge­neigt sind. Anders lässt sich die neue ent­deck­te Kriegs­lust von Tei­len der Grü­nen, FDP und CDU kaum erklä­ren. Die Sofa­krie­ger im Bun­des­tag schei­nen das Hel­den­tum wie­der ent­deckt zu haben. Deutsch­lands Außen­mi­nis­te­rin spricht vom Sieg der Ukrai­ne und eine vor­sich­ti­ge Staats­füh­rung des Bun­des­kanz­lers ob der Beden­ken eines 3. Welt­kriegs wird als zögernd und Weich­ei­po­li­tik abge­tan, der­weil der ukrai­ni­sche Zuflüs­te­rer Mel­nyk die Regie­rung belei­di­gen darf und sich des Jubelns vie­ler kriegs­be­sof­fe­ner Mit­strei­ter sicher sein kann. Ver­ges­sen wird lei­der, dass es am Ende nie einen »kon­trol­lier­ten« Krieg geben kann. Wes­halb soll­te die größ­te Atom­macht der Welt einer völ­lig nai­ven Logik der EU-Prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en fol­gend, einer bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­ti­on zustimmen?

Mehr noch, mit den ein­deu­ti­gen Wor­ten aus Brüs­sel, dem »ent­gül­ti­gem Sieg« der Ukrai­ner und dem Hin­weis der EU-Prä­si­den­tin, man wer­de »Pro­zes­se gegen alle Kriegs­knech­te des Kremls« füh­ren, ist der Weg für Ver­hand­lun­gen nicht nur ver­baut; die Aus­sa­ge zeigt, das der Weg des Krie­ges und der Gewalt der ein­zi­ge für Brüs­sel ist und das offen­sicht­lich mit allen Kon­se­quen­zen für Deutsch­land. Wenn man das Worst-Case Sze­na­rio ein­mal durch­spielt, kommt man ganz schnell zu der Über­le­gung, dass es bei wei­te­rer Eska­la­ti­on Deutsch­land und Euro­pa die gro­ßen Ver­lie­rer sein dürften.

Trotz aller Beteue­rung von Poli­ti­kern und Kon­flikt­for­schern, dass ein Atom­schlag der Rus­sen unwahr­schein­lich ist, könn­te die Nai­vi­tät der Aus­sa­ge bei Über­schrei­tung einer roten Linie genau dazu füh­ren. Das Sze­na­rio jeden­falls hat Russ­land bereits visua­li­siert dar­ge­stellt und zwar nicht mit tak­ti­schen Kern­waf­fen gegen die Ukrai­ne, son­dern mit stra­te­gi­schen Atom­waf­fen gegen Europa.

Ist es klug, ein Land das über ca. 6000 Atom­spreng­köp­fe ver­fügt und somit die größ­te Atom­macht der Welt ist, mit einer For­de­rung zur bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­ti­on so sehr an die Wand zu drän­gen, das bei einem Macht­men­schen wie Putin reflex­ar­tig die Mög­lich­keit zu einem ato­ma­ren Erst­schlag gegen die ver­meint­li­chen Aggres­so­ren nicht aus­zu­schlie­ßen ist? Der Mann ist sieb­zig Jah­re alt und hat nichts zu verlieren.

Gera­de die bei­den Welt­krie­ge soll­ten uns ein mah­nen­des Bei­spiel dafür sein, was pas­siert, wenn sich die Eska­la­ti­ons­spi­ra­le aus Miss­ver­ständ­nis­sen, fal­schen Infor­ma­tio­nen und Pro­pa­gan­da auf­schau­kelt und irgend­wann nicht mehr zu stop­pen ist. Mit der Lie­fe­rung schwe­rer Waf­fen an die Ukrai­ne sind wir, sogar laut Mel­nyk, Diplo­mat und Freund rechts­extre­mer Grup­pie­run­gen, für Russ­land sogar bereits Kriegspartei.

Bei allem Ver­ständ­nis hel­fen zu wol­len, soll­ten wir uns an die Wor­te Hel­mut Schmidts erin­nern, der eine Ein­mi­schung in die inner­po­li­ti­sche Kon­flik­te eines Lan­des stets ablehn­te.

»Gewalt lässt sich nicht mit Gewalt aus­rot­ten«, davon war der ehe­ma­li­ge Bun­des­kanz­ler überzeugt.
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Quel­len­nach­wei­se:

Wiki­pe­dia — der ers­te Weltkrieg

Wiki­pe­dia — Die zuspit­zung des Kon­flikts, die Juli-Krise

»Krieg! Es war Rei­ni­gung, Befrei­ung, was wir emp­fan­den, und eine unge­heu­re Hoffnung.«

nachdenkseiten.de — Deutsch­land, wo sind Dei­ne Dich­ter und Denker?

Oskar Lafon­taine — Ame­ri­ka treibt Euro­pa in einen Atomkrieg.

jungewelt.de — Bis zum letz­ten Tropfen.

berliner-zeitung.de — Mel­nyk: »Für Putin ist Deutsch­land längst Kriegspartei«

Frank­fur­ter Rund­schau — Ukrai­ni­scher Bot­schaf­ter Andrij Mel­nyk unter­stützt ultra­rech­tes Asow-Regiment

zeit.de [Arti­kel aus dem Jah­re 2009] — Schmidt gegen Ein­mi­schung in ande­ren Staaten

Ukraine — Krieg ohne Ende?

So wie jeder ein­zel­ne Mensch das Recht auf Selbst­ver­tei­di­gung hat, so ist die­ses Recht in Arti­kel 51 der UN-Char­ta eben­falls für Staa­ten gere­gelt. Es stellt die Aus­nah­me vom Gewalt­ver­bot dar und regelt das natur­ge­ge­be­ne Recht im Fall eines bewaff­ne­ten Angriffs auf gewalt­sa­me Wehrhaftigkeit.

Selbst­ver­ständ­lich sind ande­re Staa­ten min­des­tens auch mora­lisch ver­pflich­tet, bedräng­te Staa­ten huma­ni­tär zu hel­fen. Aber was ist, wenn im Kri­sen­ge­biet eine Par­tei ande­re, nicht betei­lig­te Staa­ten zu Waf­fen­lie­fe­run­gen gera­de­zu selbst­ver­ständ­lich erwartet?

Wenn sorg­fäl­ti­ge Prü­fun­gen der Geber­län­der ob der mög­li­chen Trag­wei­te von Lie­fe­run­gen der erwünsch­ten Kriegs­waf­fen mit Belei­di­gun­gen beant­wor­tet wer­den? Wenn das Land das Staats­ober­haupt eines ande­ren Lan­des, von dem Hil­fe erwar­tet wird, brüsk zurück­weist, wenn die­ser sich per­sön­lich ein Bild von der Lage machen will?

Kann man mit Waf­fen­lie­fe­run­gen in ein Kri­sen­ge­biet einen Krieg stop­pen? Wel­chen Anspruch wer­den zukünf­ti­ge Kriegs­par­tei­en an die Bun­des­re­pu­blik hin­sicht­lich Waf­fen­lie­fe­run­gen stel­len? Kön­nen wir das dann verneinen?

Wie­so stel­len sich Groß­tei­le der Poli­tik und der Gesell­schaft nicht mehr die Fra­ge nach Ver­hand­lun­gen, oder auch nur nach der Fra­ge einer mög­li­chen wei­te­ren Eska­la­ti­on des Krie­ges bei Lie­fe­rung von schwe­ren Waffen?

Wer­den wir end­gül­tig zur Kriegs­par­tei, wenn wir in das Kriegs­ge­sche­hen mit schwe­ren Angriffs­waf­fen ein­grei­fen? Was ist, wenn die Ukrai­ne als nächs­ten Schritt und bei ver­mut­lich wei­te­rer Eska­la­ti­on per­so­nel­le Unter­stüt­zung, sprich die Unter­stüt­zung der Bun­des­wehr fordert?

Wer pro­fi­tiert eigent­lich vom Krieg? Wie ist das völ­ker­recht­lich zu sehen, wenn die Ukrai­ne Söld­ner aus aller Welt auf­for­dert für ihr Land in den Krieg zu ziehen?

Kei­ne Fra­ge, der Ein­marsch der Rus­sen in die Ukrai­ne ist eine Kriegs­er­klä­rung und auf das Schärfs­te zu ver­ur­tei­len. Selbst­ver­ständ­lich soll­te jedes Land huma­ni­tä­re Hil­fe in Form von Flücht­lings­auf­nah­me gewähr­leis­ten. Aber dür­fen wir uns immer wei­ter in einen Krieg ein­mi­schen, der bereits seit acht Jah­ren, zumin­dest im Osten der Ukrai­ne, aus­ge­tra­gen wird?

Imma­nu­el Kant hat in einer Schrift Ende des 18. Jahr­hun­derts einen phi­lo­so­phi­schen Ent­wurf vor­ge­legt, des­sen Theo­rien die Char­ta der Ver­ei­nig­ten Natio­nen maß­geb­lich beein­flusst hat.

In der Schrift mit dem sin­ni­gen Namen »Zum ewi­gen Frie­den« ist vom Prin­zip der Nicht­ein­mi­schung die Rede, wonach es für eine Inter­ven­ti­on kei­ne Rechts­grund­la­ge geben kann.

Ein Krieg dient nach Kant zur Ent­schei­dung von Ansprü­chen, die bei­de Par­tei­en behaupten.

Bei einem Ver­stoß gegen die Kriegs­ord­nung, so Kant wei­ter, »kann nun kei­ne über­ge­ord­ne­te Instanz im Sin­ne eines Bestra­fungs­krie­ges ein­grei­fen, so dass die Kriegs­par­tei­en, die sich einen sol­chen Ver­stoß vor­wer­fen, in einen Ver­nich­tungs­krieg gera­ten, der nicht anders als durch die Ver­nich­tung einer Par­tei ent­schie­den wer­den kann.« 

Es gibt kei­nen gerech­ten Krieg – aber es gibt das Recht eines jeden Staa­tes zur Lan­des­ver­tei­di­gung. Wenn wir aber mit Waf­fen­lie­fe­run­gen, ins­be­son­de­re von Angriffs­waf­fen, Ter­ri­to­ri­al­ver­tei­di­gung umkeh­ren in einen Ver­nich­tungs­krieg, dann wäre das unverzeihlich.

Die Bundesrebublik als Rechtsstaat

Es ist schon erstaun­lich, wie wir bereits ver­lernt haben, Ver­ant­wor­tung für uns sel­ber zu über­neh­men. Die Bun­des­re­gie­rung hat ent­schie­den, fast alle Maß­nah­men in Bezug mit Coro­na aus­zu­set­zen. Allei­ne die Les­art bei eini­gen Mit­bür­gern ist erschre­ckend. Es geht nicht dar­um, dass der Staat uns irgend­et­was „zurück­ge­ben“ wür­de. Es geht dar­um, dass die Ein­schrän­kung vie­ler Grund­rech­te in der Pan­de­mie kei­ne recht­li­che Hand­ha­be mehr haben. Grund­rech­te sind nicht ver­han­del­bar und dür­fen nur in Situa­tio­nen ein­ge­schränkt wer­den, in denen die öffent­li­che Sicher­heit und Ord­nung gefähr­det wird.

Mit dem (zumin­dest der­zeit) rela­tiv mil­den Ver­lauf einer Erkran­kung mit der Infek­ti­on durch das Coro­na-Virus ist das so nicht mehr gege­ben. Rich­ti­ger­wei­se muss der Staat alle Maß­nah­men auf­he­ben, die im Zusam­men­hang mit Covid eine Grund­rechts­ein­schrän­kung bedeu­ten und das, obwohl die Fall­zah­len im Moment so hoch sind wie nie. Die Bun­des­re­gie­rung ver­fügt indes nicht über eine Pflicht zum nicht Tra­gen einer Mas­ke. Auch alle ande­ren Maß­nah­men keh­ren sich nicht um.

Jeder Bür­ger hat das Recht, Ver­an­stal­tun­gen fern­zu­blei­ben, wei­ter­hin eine Mas­ke zu tra­gen, Besu­che zu mei­den, Abstand zu wah­ren, ja sogar, sich ordent­lich die Hän­de zu waschen. Der Staat ist nicht Ord­nungs­be­hör­de über das Leben der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger die­ses Lan­des. Die Bun­des­re­pu­blik ist ein Rechts­staat, und für die Ein­schrän­kung von Grund­rech­ten sind hohe Hür­den gesetzt, bei­spiels­wei­se die Fest­stel­lung einer epi­de­mi­schen Lage von natio­na­ler Tragweite.

Vor­aus­set­zung dafür ist die ernst­haf­te Gefähr­dung für die öffent­li­che Gesund­heit und die Gefahr einer dyna­mi­schen Aus­brei­tung einer bedroh­lich über­trag­ba­ren Erkran­kung, wobei die Beto­nung auf ernst­haft und bedroh­lich liegt. Erst dann darf der Staat begrenzt Maß­nah­men wie z.b. Aus­gangs­be­schrän­kun­gen erlas­sen. Soll­te die­se Bedro­hung nicht mehr akut sein, ist die Aus­ru­fung der epi­de­mi­schen Lage von natio­na­ler Trag­wei­te zurück­zu­neh­men und der Staat muss die Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen beenden.

Wir leben also in einem Staat, der gro­ße demo­kra­ti­sche Hür­den auf­baut, wenn es um die Ein­schrän­kun­gen von Rech­ten für die Bür­ger und Bür­ge­rin­nen geht. Alle die sich jetzt dar­über empö­ren, dass die Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen enden und nach wei­te­ren ein­schrän­ken­den Maß­nah­men rufen, sei die frei­heit­li­che demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung als Kern­sub­stanz unse­re Ver­fas­sung emp­foh­len, aus der sich der Begriff der wehr­haf­ten und streit­ba­ren Demo­kra­tie ablei­tet, die näm­lich gegen eine lega­li­sier­te Dik­ta­tur mit den Aus­wir­kun­gen von Will­kür­lich­keit, z.B. bei Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen, schüt­zen soll.

Im Übri­gen hat nicht nur jeder das Recht, mit Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen für sich sel­ber wei­ter­hin zu leben, man darf die Ver­fas­sung der Bun­des­re­pu­blik kri­ti­sie­ren und das sogar öffentlich.

Merk­ma­le eines funk­tio­nie­ren­den Rechtsstaats.