„Wenn ein Kolonialwarenhändler in seinem kleinen Laden so viele Dummheiten und Fehler machte wie die Staatsmänner und Generäle in ihren großen Ländern, wäre er in spätestens vier Wochen bankrott.“ [Erich Kästner]
Der Wähler ist leider ein vergessliches Wesen und das weiß beispielsweise der Oppositionsführer der CDU, Friedrich Merz, natürlich auch. So forderte Merz im Frühling 2022 russische Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 sofort zu stoppen. Eine Einschränkung der Gasversorgung müsse man akzeptieren, schwadronierte der selbsternannte Wirtschaftsexperte lauthals. Merz war nicht der einzige Politiker, der durch diese Fehleinschätzung die Bundesrepublik einer Rezession näher gebracht hat.
Parteifreund Röttgen „appellierte“ zur gleichen Zeit ebenfalls an die Bundesregierung, die Gas- und Ölimporte aus Russland „jetzt“ zu stoppen. Es sei möglich, die ausbleibenden Gaslieferungen durch Gasvorräte bis zum nächsten Winter zu ersetzen. Auch die FDP, sonst Liebling der Wirtschaftsbosse forderte einen sofortigen Gasstopp aus Russland. Allen voran Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die seinerzeit die Drohung des russischen Präsidenten zur Abschaltung von Nord-Stream 1 gar als Verzweiflungstat aufgrund der Auswirkungen in seinem Land interpretierte.
Die Liste der Fehlannahmen von Politikern könnte noch seitenweise weitergeführt werden. Aber natürlich kann man nicht einzelnen Politikern die Schuld für die großen wirtschaftlichen Verwerfungen geben, wohl aber muss eine gewisse Weitsicht denen zu eigen sein, die über Wohl und Wehe eines ganzen Staates bestimmen oder doch zumindest mitbestimmen.
Politiker brauchen keine besonderen Befähigungen, um ihr Amt auszuführen. Aber wer dazu beiträgt mit unerträglichem Geschwätz Politik mitverantwortlich so zu gestalten, dass den Bürgerinnen und Bürgern in ihren Auswirkungen großen Schaden zufügt wird, der sollte zurücktreten.
Oftmals jedoch werden politische Rücktritte ausgerechnet von den Politikern gefordert, die sich im Nachhinein in ihrer Aussage als treffsicher bewiesen. Rücktrittsforderungen von Wirtschaftsminister Habeck, weil der vielleicht etwas unglücklich einen zeitweisen Produktionsstillstand richtigerweise nicht mit einer Insolvenz gleichsetzt, zeugen nicht nur Charakterverfehlungen sondern erheblichen Wissenslücken in Wirtschaftsfragen, die der Wähler bei der nächsten Wahl entsprechend würdigen sollte.
Tatsächlich war es Wirtschaftsminister Habeck, der in dem Monat der sich überbietenden Rufe nach einem sofortigen Stopp der Gasimporte bereits im März vor schwersten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen für die Bundesrepublik warnte.
Ach und falls es noch nicht ganz so bekannt ist, was die Befürworter von „Stoppt die Gasimporte sofort“ und dem dann tatsächlichen Importstopp durch Putin erreicht haben, sei ein Blick in diese Liste empfohlen.