33 Jahre deutsche Einheit, ist da inzwischen zusammengewachsen, was zusammengehört?
Wohl eher nicht. Die Löhne und Gehälter in Osten sind immer noch unter denen in den westlichen Ländern. Die 35-Stunden-Woche in der Metallindustrie ist noch immer nicht flächendeckend eingeführt, die Angleichung des Rentenwerts erst vor wenigen Wochen vollzogen. Kein Wunder, dass sich die „Ossis“ als Menschen zweiter Klasse sehen. Viele hadern inzwischen wieder mit der Demokratie. War der Sozialismus am Ende vielleicht die bessere Staatsform?
Ein Kumpel aus dem damaligen Ostberlin wurde in den achtziger Jahren wegen versuchter Republikflucht zu drei Jahren Haft verurteilt. Nach der Haftentlassung empfing ihn sein Bewährungshelfer, übergab ihm einen Wohnungsschlüssel und teilte ihm mit, dass er ab Montag im nahen Stahlwerk arbeiten würde. Das war Resozialisierung in der DDR. Ja, der Staat hat sich gekümmert, leider aber auch um Dinge, die die Staatsmacht nichts angingen.
Eine Bekannte erzählte, dass sie nach dem Mauerfall herausbekommen hätte, dass der gute Onkel – der jeden Tag zu Besuch war – ein Mitarbeiter der Staatssicherheit war und eine umfangreiche Akte über die gesamte Familie angelegt und der Stasi übergeben hat. Der Schock über diesen Vertrauensbruch wirkt bis heute nach.
Die Staatsorgane der DDR hatten das „sich kümmern“ als repressive Staatsform zu eigen gemacht, die die Bürger drangsalierte und bespitzelte. Auf Dauer funktioniert so etwas nicht. So kam, was kommen musste, im Herbst 1989 demonstrierten DDR-Bürger erstmals auf dem Alexanderplatz in Berlin für ihre Freiheit. Viele waren da schon über Ungarn in den Westen geflüchtet.
Die DDR Staatsführung versuchte da noch, mit für DDR-Verhältnisse großzügigen Reiseregelungen eine Massenflucht zu verhindern. Unfreiwillig war der Exodus mit der Pressekonferenz vom 09. November 1989 besiegelt. Der damalige Regierungssprecher Günter Schabowski veröffentlichte einen Entwurf des Innenministeriums zur Übergangsregelung für private Ausreisen ohne Vorliegen von Voraussetzungen aus der Deutschen Demokratischen Republik.
Danach gab es für die Bürger der DDR kein Halten mehr. In der Nacht am 09. November stürmten sie zu Tausenden an die Grenze Bornholmer Straße nach Westberlin. SED-Politmitglied Schabowski ging somit unfreiwillig als derjenige in die Geschichte ein, der die Mauer öffnete.