Schoßgebete

Schrei­ben ist The­ra­pie, könn­te der Unter­ti­tel des neu­en Buches „Schoß­ge­be­te“ von Char­lot­te Roche hei­ßen; tat­säch­lich scheint sich die jun­ge Autorin an ihrem Alter Ego abzu­ar­bei­ten. Eliza­beth ist 33 Jah­re jung, see­lisch völ­lig ver­korkst und des­halb in stän­di­ger Behand­lung durch ihre The­ra­peu­tin, der sie, eben­so wie dem geneig­tem Leser, in aller Aus­führ­lich­keit von ihrem Sex­le­ben erzählt.

Eliza­beth ist in zwei­ter Bezie­hung mit dem älte­ren Georg ver­hei­ra­tet, dem sie alle sexu­el­len Phan­ta­sien, nebst Puff­be­such zu zweit, erfüllt. Neben­bei ver­sucht sie, ihrer Toch­ter eine gute Mut­ter zu sein und ihr Trau­ma vom Auto­un­fall, bei dem drei ihrer Brü­der star­ben, zu verarbeiten.
Das alles scheint Par­al­le­le zum wirk­li­chen Leben der Char­lot­te Roche zu sein – wie die Haupt­per­son ihres Buches, ver­lor auch Roche drei Brü­der bei einem Auto­un­fall, lei­det auch sie unter der Schei­dung der Eltern, die sie im übri­gen bereits in ihrem ers­ten Buch „Feucht­ge­bie­te“ ver­sucht hat zu verarbeiten.

Ob das Buch nun Lite­ra­tur oder ein auto­bio­gra­phi­scher The­ra­pie­ver­such ist, kann dem Leser egal sein – Kunst ist es alle­mal, denn die ent­waff­nen­de Art der Roche lässt den Leser unwei­ger­lich bei jedem fünf­ten Satz fra­gend ob der aus­führ­li­chen Beschrei­bung zusammenzucken.

Muss man nun so detail­liert beschrei­ben, was die Vor­stel­lung zumin­dest sche­men­haft sowie­so erfasst hät­te? Mann muss nicht, aber man kann – und Char­lot­te Roche kann.

Oder, um es mit Kant zu sagen: Sie kann, weil sie will, was sie muss.