Zeugnisausgabe

Das jüngs­te Netz­kind bringt ihr ers­tes Zeug­nis nach Hau­se. Die Unter­schie­de zu einem Zeug­nis der höhe­ren Klas­sen lie­gen in der Art der Beur­tei­lung. Nicht Noten wer­den ver­ge­ben; die Eltern wer­den in einer schrift­li­chen Beur­tei­lung über die Fähig­kei­ten ihrer Kin­der infor­miert. Als ihr Onkel bin ich natür­lich neu­gie­rig, wo die Stär­ken des Netz­kin­des lie­gen. Auf mei­ne Fra­ge, wie das Zeug­nis aus­ge­fal­len sei, bekom­me ich die von ihr inter­pre­tier­te Stel­lung­nah­me ihrer Leh­rer in Kurz­form: “Alles Einsen.“

Ich stau­ne und gebe zu beden­ken, dass eine Aus­le­gung des durch die Leh­rer erstell­ten Tex­tes des Zeug­nis­ses durch Über­set­zung in eine Note nicht so ganz ein­fach wäre.

„Doch“, insis­tiert das Netz­kind, „alles Ein­sen, hab’ ich doch gera­de gesagt.“

Reparaturarbeiten

Mrs. L ist besorgt über den Zustand ihres Fahr­ra­des. Die Rei­fen sind abge­fah­ren und die Brem­sen zei­gen eben­falls einen erheb­li­chen Ver­schleiß. Repa­rie­ren ist ange­sagt. Das Wort löst in mir pawlow’sche Refle­xe aus. Repa­rie­ren ist mein Ding!

Das sieht Mrs. L aller­dings etwas anders. Mein Enthu­si­as­mus ist deut­lich aus­ge­bremst. Ich wer­fe Mrs. L vor, mein außer­ge­wöhn­li­ches Repa­ra­tur­ta­lent nicht so zu wür­di­gen, wie es den von mir erfolg­reich durch­ge­führ­ten Instand­set­zun­gen gebührt.

Mrs. L merkt an, dass ihr nicht feh­len­des Repa­ra­tur­ta­lent Sor­gen berei­te, son­dern mein grund­sätz­li­cher Umgang mit dem kon­struk­ti­ven Kern des instand­zu­set­zen­den Gerätes.

So sei, so Mrs. L wei­ter, es nicht unüb­lich, dass bei been­de­ter Repa­ra­tur ein paar Tei­le nicht an den Platz zurück gefun­den hät­ten, wo sie ehe­dem hingehörten.

Mein stän­di­ger Hin­weis auf Kon­struk­ti­ons­feh­ler und der Annah­me, dass die Tei­le schlicht­weg über­flüs­sig sei­en, mache die Sache nicht bes­ser. Zwar wür­den sämt­li­che von mir repa­rier­te Gegen­stän­de durch­aus funk­tio­nie­ren, aber es wäre ihr doch lie­ber, wenn die Tei­le im Nach­hin­ein nicht Geräu­sche machen wür­den, die an ros­ti­ge Schrau­ben in einem Fleisch­wolf erinnern.

Die Reihen fest verschlossen

Der Streit um den Raus­wurf des ehe­ma­li­gen Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der AfD-Frak­ti­on im Land­tag Bran­den­burgs, Andre­as Kal­bitz aus der AFD durch Par­tei­chef Jörg Meu­then könn­te am Ende für die Par­tei ungut enden. 

Schon immer haben sich par­tei­in­ter­ne Geg­ner rechts­ra­di­ka­ler Par­tei­en in den eige­nen Rei­hen gegen­über­ge­stan­den. Den einen konn­te die Aus­rich­tung nicht weit genug nach rechts gehen und den ande­ren wäre eine rechts­kon­ser­va­ti­ve Aus­rich­tung der Par­tei lieber.

Jüngs­tes Bei­spiel: Die in der Ver­gan­gen­heit geschei­ter­te Par­tei „Die Repu­bli­ka­ner“ zer­strit­ten sich eben­falls hef­tig über die Aus­rich­tung ihrer Partei.

In der Par­tei war der Nach­fol­ger von Par­tei­chef Franz Schön­hu­ber, Rolf Schlie­rer, Garant für eine Abgren­zung nach Rechts­au­ßen, aller­dings ver­lor die Par­tei damals ein Drit­tel ihrer Mit­glie­der, die Schlie­rers Kurs und des­sen Ableh­nung zum Deutsch­land­pakt mit NPD und DVU und somit einen gemä­ßig­te­ren Kurs nicht mit­ge­hen wollten.

Die Wäh­ler straf­ten die inte­ren Que­re­len glei­cher­ma­ßen ab; bei der Bun­des­tags­wahl im Jah­re 2009 ent­fie­len auf „Die Repu­bli­ka­ner“ ledig­lich 0,4 Pro­zent der Stimmen.

Das Schick­sal war besie­gelt, die Par­tei spielt heu­te in der poli­ti­schen Land­schaft kei­ne Rol­le mehr.

Das glei­che Schick­sal könn­te nun nicht nur Meu­then, son­dern die gesam­te AFD tref­fen. Meu­then sel­ber hat gar kei­ne ande­re Wahl, als den Schwenk sei­ner Par­tei weg vom Rechts­ra­di­ka­lis­mus zu ver­su­chen. Soll­te er schei­tern, ist er als Par­tei­chef aller­dings nicht mehr zu halten.

Dann wäre eine Über­wa­chung durch den Ver­fas­sungs­schutz nicht mehr zu ver­hin­dern. In dem Fall muss Meu­then um sei­nen sei­nen Beam­ten­sta­tus eben­so fürch­ten, wie um sein Man­dat im Europaparlament.

Gewinnt Meu­then die Schlacht, könn­te er gestärkt als Par­tei­chef her­vor­ge­hen, muss aber befürch­ten, dass die Wäh­ler und Wäh­le­rin­nen den Kurs­wech­sel emp­find­lich abstra­fen, schließ­lich wird die AFD nicht wegen Meu­thens Markt­ra­di­ka­lis­mus gewählt, zumin­dest nicht von der Mehr­heit ihrer Wähler.

Die Chan­cen für die Extre­mis­ten in der AFD indes ste­hen gut; ein ord­nungs­ge­mä­ßes Par­tei­aus­schluss­ver­fah­ren hat es nicht gege­ben, Kal­bitz könn­te somit bei einem Rechts­streit obsiegen.

Wahr und Unwahr XL

Wahr ist, dass der Prä­si­dent der USA zur Bekämp­fung des Coro­na-Virus ange­regt hat Injek­tio­nen mit Des­in­fek­ti­ons­mit­tel zu untersuchen. 

Unwahr ist, dass die­se Aus­sa­ge noch ande­rer Unsinn Trumps die Popu­la­ri­tät des selbst ernann­ten Genies sin­ken las­sen würde.

Wahr ist, dass die Coro­na-Pan­de­mie momen­tan selt­sa­me Alli­an­zen her­vor­bringt. So strei­ten Sei­te an Sei­te rechts­extre­me Mit­glie­der der AFD mit links­extre­men Eso­the­ri­kern und Ver­schwö­rungs­theo­rek­ti­kern gegen die Poli­tik der Bundesregierung.

Unwahr ist, dass die AFD über­legt, alle Kräf­te zu bün­deln, um in einer neu­en Par­tei die Ablö­sung des poli­ti­schen Sys­tems vor­an zu treiben. Unwahr ist auch, dass die AFD Horst Mahler nach Ende sei­ner Haft­stra­fe als Beauf­trag­ten zur Zusam­men­füh­rung und Bün­de­lung rechts – und links­extre­mis­ti­scher Kräf­te ernen­nen will.

Wahr ist, dass eini­ge Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker befürch­ten, nach erfolg­rei­cher Ent­wick­lung eines Impf­stoffs gegen Covid-19, mit einer Zwangs­imp­fung einen Chip von Bill Gates inji­ziert zu bekom­men, der ihre Gedan­ken kontrolliert.

Unwahr ist, dass 1 Mil­li­ar­de Nut­zer mit dem Betriebs­sys­tem Win­dows 10 bereits unter voll­stän­di­ger Kon­trol­le von Micro­soft stehen.

Andere Umstände

Das jüngs­te Netz­kind zeigt sich über­rascht. In dem Haus, in dem sie wohnt, haben gleich meh­re­re Müt­ter Nach­wuchs bekom­men – und das im Abstand von weni­gen Tagen. Bei so viel Gebär­freu­de drängt sich irgend­wann die Fra­ge nach dem Wie ganz von allei­ne auf.

Nach einem Anlauf bei Mrs. L. erhält das Kind den diplo­ma­ti­schen Hin­weis, dass es eini­ge Fra­gen gäbe, die nur von den Eltern zu beant­wor­ten wären. Damit gibt sich das Netz­kind vor­erst zufrie­den. Nur weni­ge Stun­den spä­ter dann die Erklä­rung zu dem eher schwie­ri­gen The­ma: Sie habe beob­ach­tet, dass die Müt­ter immer dicker wer­den, so das Netz­kind, ver­mut­lich durch Schokolade.

Da ihr Groß­on­kel ihr bereits im Kin­der­gar­ten­al­ter die phy­si­ka­li­sche Grund­la­ge von Über­druck anschau­lich erklärt hat, ist die Schluss­fol­ge­rung für eine kind­li­che Vor­stel­lung des Endes einer Schwan­ger­schaft nur fol­ge­rich­tig und so klärt uns das Netz­kind auf: „Die Mamas sind irgend­wann explo­diert. So hat­ten wir bei uns im Haus eine Kinderexplosion.“

Wahr und Unwahr XXXIX

Wahr ist, dass renom­mier­te Medi­en in den USA nicht bereit sind, Pres­se­kon­fe­ren­zen des US-Prä­si­den­ten zu über­tra­gen, weil der Mann zuviel Unsinn redet.

Unwahr ist, dass die Wäh­ler dar­aus ler­nen, was in einer Kri­se pas­siert, wenn man eine[n] Witz­fi­gur Popu­lis­ten zum Staats­ober­haupt gewählt hat.

Wahr ist, dass sich der rechts­extre­me Flü­gel der AFD auf­ge­löst hat.

Wahr ist auch, dass der ehe­ma­li­ge Front­mann des Flü­gels in einem Inter­view gesagt hat:

„Nun geht das, wor­über wir längst nach­den­ken, eben schnel­ler. Unse­re Arbeit weist über den Flü­gel hin­aus, Andre­as Kal­bitz, ich selbst und alle ande­ren poli­tik­fä­hi­gen »Flüg­ler« wer­den ihren poli­ti­schen Kurs im Sin­ne der AfD wei­ter­füh­ren. Die­je­ni­gen aber, die den »Flü­gel« miß­ver­stan­den haben und ihn ver­fil­zen woll­ten, wer­den nicht mit­hal­ten kön­nen – genau­so­we­nig wie die­je­ni­gen in der Par­tei und im Bun­des­vor­stand, die auf Kos­ten ihrer Par­tei­freun­de all­zu gute Kon­tak­te zum Estab­lish­ment suchen.“

Unwahr ist, dass Höcke gesagt haben soll:

„Ich habe hier eines zu erklä­ren: Die Her­ren haben ganz recht! Wir sind Into­le­rant! Ich habe mir ein Ziel gestellt: näm­lich die 30 Par­tei­en aus Deutsch­land hinauszufegen!“