Sich am Regierungssessel festzuklammern, scheint Tradition zu sein in Bayern und vor allem in der CSU. Nun aber ist Stoiber derart angeschossen, dass er sich gezwungen sieht einen erneuten Antritt als Ministerpräsident in 2008 von der Stimmung heute bei der Klausurtagung abhängig zu machen. Ausgerechnet eine Frau und dann noch rothaarig könnte demnach zum Fallstrick und Ende der Karriere des Edmund Stoiber beigetragen haben. Was mögen sich die Oberen nach dem Mittelalter gesehnt haben, damals wäre die Fürther Landrätin Gabriele Pauli als Beweis der Hexenkraft einfach gefragt worden, ob sie schwimmen kann.
Partygespräch
Sie: So, Sie sind also geschieden, darf man fragen warum?
Er: Wir konnten uns nicht über das Fernsehprogramm einigen.
Sie: Das ist doch kein Grund, ich bin seit 40 Jahren verheiratet und wir hatten noch nie Streit über das Fernsehprogramm.
Er: Kunststück, bei ihnen gab es damals auch nur drei Programme.
Der Virus
Da hat es mich doch tatsächlich auch mal auf die Matte geworfen, ein Virusinfekt diagnostiziert die Ärztin. Drei Tage Fieber und das schlimmste soll vorbei sein. In den Tagen der Attacken des Virus zappe ich mich also, Langeweile genötigt, durch sämtliche Programme die das Fernsehen so zu bieten hat. Morgens zeigen die öffentlich Rechtlichen und die Privaten in seltsamer Eintracht, wie geneigte Hausfrau/Mann ohne Fett und mit viel Gemüse angeblich leckere Speisen zubereiten kann. Der Höhepunkt ist ein Pseudo- Koch, der aussieht wie ein Raver auf Ecstasy, der ein Hähnchen mit Zitronengras einer alten Matratze gleich voll stopft und dem Zuschauer auch noch glaubhaft machen will, das könne man essen.
Bei Pro sieben sind die Dinosaurier wieder auferstanden, Dieter Bohlen gibt bei RTL als Gummipuppe sein Bestes. Auf RTL 2 läuft eine neue Staffel von Big-Brother, die sich nicht so sehr an den Kandidaten von den anderen Containersendungen unterscheidet sondern daran, dass, um den Unterhaltungswert zu steigern eine Hälfte der Gruppe in einer Art Schweinestall für die Zeit der Begaffung wohnen muss. Zwischendrin immer wieder Verkaufssendungen, wo das Pendant zum dicklichen Holländer Harry seine Schuhe auszieht, um zu beweisen, dass die angepriesene Fußsalbe auch tatsächlich auf dem Autolack keine Kratzer hinterlässt.
Im Fieberwahn weiter im Programm zappend entdecke ich auf Sat 1 eine Person, dessen Geschlecht ich nicht zuordnen kann, auf einer Couch sitzend und über irgendetwas sprechend, dass ich auch nicht zuordnen kann. Im nächsten Kanal ist eine Moderatorin zu sehen, die Sonja heißt, die einen Mann befragt, der Axel heißt, der eine Freundin hat, die Saskia heißt und die nun alle voneinander wissen wollen wie das Kind heißt von dem es heißt, das es von keinem der Anwesenden ist. Pro Sieben: ein magersüchtiger Moderator, mit Namen Andreas, kreischt hysterisch immer wieder die Vorzüge seines Moderatorenlebens ins Publikum, insbesondere den Vorzug, knallorangene Hemden zu braunen Jacken und gestreiften Hosen anziehen zu können, ohne in eine Zwangsjacke gesteckt zu werden.
Nachmittags geben dann alle Kanäle “echte Gerichtsverhandlungen mit echten Richtern und echten Angeklagten”. Der Fall mit der Party im Zoo beim Tierpfleger, dessen Kumpel sich total betrunken in das Affengehege aufmacht, um mit einem Schimpansen Whiskey zu trinken, derweil der Pfleger nichts gemerkt haben will, weil er zur Tatzeit die Zoodirektorin vögelt, wird mir als warnende Erinnerung an nachmittägliche Fernseherlebnisse bleiben.
Nach drei Tagen schien der Virus bekämpft, das Fieber sank und ich träumte davon, mit der 2200 Mann starken Besatzung des Raumschiffs Enterprise im Kabelnetz loszuziehen, um neue Programme zu erforschen, neue Sendeformate zu erkunden und sämtliche Programmdirektoren in ferne Galaxien zu beamen, wo sie gezwungen sind vereint vor einem 1200 Quadratmeter großen Bildschirm den geballten Schwachsinn den sie zu verantworten haben permanent in einer Wiederholungsschleife gucken zu müssen.
Katzenklappe
Wer Besitzer einer Katze ist kennt das: Zur nachtschlafenden Stunde möchte das Tier raus in den Garten. Mit permanentem Miauen und Kratzen am Wohnungsmobilar macht der Stubentiger auf sich aufmerksam, um auf Beutezug gehen zu können. Das Prozedere macht der Katzenliebhaber eine Zeit lang mit. Irgendwann ist allerdings der geduldigste Tierfreund derart genervt, der Pförtner für die Katze zu sein, dass er sich entschließt eine Katzenklappe zu installieren.
Rein technisch gesehen ist so eine Katzenklappe nichts anderes als ein Loch in der Tür, dessen Rahmen einhergeht mit einer Schwingklappe aus Plastik, zwanzig mal zwanzig Zentimeter groß. Durch diese kann die Katze jederzeit ins Haus oder aus dem Haus heraus. Da die Katze von Natur aus ein schlaues Tier ist, wird sie innerhalb kürzester Zeit lernen, die Klappe mit dem Kopf oder mit der Pfote zu öffnen und das ewige Scharren zwecks Freigang entfällt.
Im Sommer allerdings kann es passieren, dass Ihnen ihr Lieblingstier nächtens die Mäuse durch die Katzenklappe schleppt. Das alleine wäre nicht weiter schlimm, wenn das erwachte Raubtier einen Beuteplatz hat, wo es die Mahlzeit genüsslich sezieren und fressen kann. Da die Katze aber einem Spieltrieb folgend ihre Beute an einen Ort bringen möchte, wo sie mit dem Fang spielen kann, kann es nach Inbetriebnahme der Katzenklappe sein, dass der Katzenfreund des öfteren auf nächtlichen Mäusefang in der Wohnung gehen muss.
Das wiederum erfreut die Katze, weil sie annimmt, dass Herrchen aus reinem Spaß am Spiel nachts halbnackt mit einem Kescher bewaffnet durchs Haus flitzt, um das Beutetier zu fangen. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass ein eingeschleppter Maulwurf nicht halb so viel der Anstrengung bedarf, da er blind ist und wie ein Spielzeugauto mit eingebautem Sensor die Richtung wechselt, sobald er irgendwo anstößt. Es bedarf also nur einer kurzen Wahrscheinlichkeitsberechnung, um sich in die richtige Position zu begeben und das Vieh mittels Eimer einzufangen. Wenn Sie dann noch ihren Nachbarn ärgern wollen, lassen sie den Maulwurf auf seinem gepflegten Rasen laufen.
Aber zurück zur Katzenklappe. Das Teil ist aus Plastik und sitzt mittels zweier angegossenen Bolzen in entsprechenden Bohrungen in einem Rahmen unten in der Tür. (Nur wenn sie alles richtig gemacht haben, sollten sie ein Loch oben in die Tür gesägt haben, empfiehlt sich die Haltung von fliegendem Getier)
Diese Klappe wird natürlich auf die Dauer arg beansprucht. Zu Anfang mit aller gebotenen Vorsicht, wird das Fellbündel schon bald einer Tomahawk gleich durch die Katzenklappe schießen, zumal, wenn zwei Katzen das Haus bewohnen und die beiden sich gegenseitig jagen. Die Plastikklappe fliegt also irgendwann mit lautem Knall bis in die Waschküche und das Katzenvieh guckt so verstört, als vermute es ein noch größeres Tier hinter sich in den Keller schießen.
Kurz und gut, fortan haben Sie ein Loch in der unteren Hälfte der Kellertür und wenn es nicht gerade Sommer ist, zieht’s aus jenem Loch wie Hechtsuppe. Eile ist also geboten den Schaden mittels Kauf und Einbau einer neuen Katzenklappe zu beheben. Meiner besseren Hälfte sei Dank, herausgefunden zu haben, dass es die Plastikklappe auch einzeln zu kaufen gibt, ohne den Rahmen neu zu gestalten. Wenn ich gezwungen wäre, vier mal im Jahr ein neues Loch in eine Metalltür für eine Katzenklappe zu sägen, könnten wir die Tür gleich auflassen, das wäre auf die Dauer billiger.
Schneckenplage
Jetzt wo der Sommer zu seiner Normalität deutschen Wetters zurückkehrt, zeigt sich eine Tierart in seiner ganzen Populationsdichte besonders fies. Stylommatophora, die gemeine Nacktschnecke. Armeegleich wandern die Viecher durch die Gärten, um bunte Pflanzen in kürzester Zeit in Stängel zu verwandeln, die bestenfalls noch als Strohhalm tauglich sind, so sie denn innen hohl wären.
Leben und leben lassen, ist eigentlich einer meiner wenigen Grundsätze. Beim Anblick hunderter dieser Viecher, die aussehen, wie ein Stück Fäkalie auf Wanderschaft, haderte der Tierfreund in mir allerdings mit meinem Killerinstinkt.
Was also macht man mit Hunderten von diesen Viechern? Im Grunde war mir diese Frage bis zu dem Zeitpunkt der Gefahr des Ausrutschens auf der Treppe ob der Hundertschaft der schleimigen Biester, völlig egal. Aber jetzt reichte es wirklich. Ein Bekannter von mir, den ich bei ähnlichen Gelegenheiten bereits erfolgreich um Rat gefragt habe, empfahl mir die Haltung einer Tierart, die sich Laufenten nennen. Eingedenk der Tatsache, dass unser Kater seine helle Freude an Vogelviechern aller Art im Garten hat, musste eine andere wirksame Waffe gegen die Herscharen von Schnecken her.
Ich zog kurz den Einsatz eines Bunsenbrenners in Erwägung, zum hellen Entsetzen meiner Frau, die mich daran erinnerte, dass bei einem der letzten Einsätze des Flammenwerfers zur Unkrautbekämpfung, fast der halbe Garten abgefackelt war. Ein letztes Mittel wollte ich noch probieren. Die von vielen Hobbygärtnern hoch gepriesene Bierfalle, von dessen Wirksamkeit ich nicht überzeugt war. Denn, vorausgesetzt diese Biester würden tatsächlich auf den Geruch von Bier abfahren, wieso sollten gerade diese Schnecken, die bedingt durch ihren zähen Schleim theoretisch in der Lage sind ein Hochhaus zu erklimmen, auf der Innenwand eines kleinen Plastikeimers abrutschen, ins Bier fallen und ersaufen?
In meiner Verzweifelung war ich allerdings gewillt jeden noch so kuriosen Trick zu probieren, allein schon um dem Umstand zu entgehen, jeden Abend auf Geheiß meiner besseren Hälfte sämtliche Blumentöpfe auf den Dachboden in unerreichbarer Weite für die Schnecken zu schleppen. Gesagt getan, ich hub also ein wenig Erde an einer der schneckenreichsten Stellen im Garten aus, füllte einen kleinen Plastikeimer halbvoll mit Bier und setzte ihn ebenerdig in das Loch. Und tatsächlich, am nächsten Morgen befand sich in dem Eimer mehr als zwanzig Schnecken, ersoffen im Altbier. Die Erklärung für das Ableben der Schnecken konnte also nur sein, dass sie kopfüber in den Eimer zum Bier kriechen und solange davon kosten, bis sie durtelig in das Gesöff fallen. Gut, dass unsereinem das Bier in Gläsern ausgeschenkt wird. Wär’ auch kein schönes Bild, eine Thekenreihe von Männern, kopfüber, ersoffen in Eimern aus Bier 😉
Denglish
Exellente Freeride Bindung mit stark unterstützender Base und Hi-Back. Asymetrische Fußschlaufen sorgen für ein perfektes Flex/Support Verhältnis in jeder Situation.” Hä? Ausgerechnet auf einer Seite meines Kumpels lese ich diesen Werbetext, von dem ich annahm, dass es sich um Realsatire handelt. Weit gefehlt. Auf Nachfrage erhalte ich zur Antwort, dass dieser Kauderwelsch Begriffe aus dem Sport enthält, die zum normal sprachlichen Umgang der Szene gehört, die zu der jung dynamischen Zielgruppe zählt.
Salzstangen heissen jetzt Saltletts, wobei ich nicht weiss, zu welcher dynamischen Zielgruppe Leute zählen, die Salzstangen kaufen. Mich juckt es ja enorm, die Verkäuferin im Laden zu fragen: “Sagen sie, wo sind denn hier die Saltletts ?” Warscheinlich würde sie denken, ich wäre betrunken.
In Belecke produziert eine Fabrik Rohre, am Firmengebäude der neuen Halle steht in großen Buchstaben: “Twin Pipes”. Ja und nun? Zwillingspfeifen, oder was? Was wollen uns diese Pfeifen, äh Werbetexter damit sagen? Stecken da jetzt zwei Flöten im Rohr? Von einer hier nicht näher genannten Bausparkasse gibt es ein Heft mit Tipps rund ums Haus. Das Ding hieß Mosaik, was blöd genug war, denn der Titel erinnerte mich immer an eine Rommérunde mit alten Damen. Das hatten sich wohl auch einige junge kreative Texter gedacht und tauften das Heft um in “House and more”. Den Machern dieses Blattes hätte ich gerne einen ebenso kreativen Leserbrief geschrieben, allerdings war ich erstens zu faul und zweitens hätten die Redakteure wahrscheinlich meinen Brief mit der Bemerkung: Umsonst lesen und dann auch noch meckern, abgedruckt.
Dass an einer Rüthener Tankstelle im Eingang “open” steht, halte ich nun auch nicht mehr für einen Rechtschreibfehler, es kann ja sein, dass die Zielgruppe junger dynamischer GTI- Fahrer mit dem Begriff “geöffnet” nichts anzufangen weiß und vorbeifährt. Schön auch der Werbetext an einer Parfümerie: Come in and find out. Komm rein und finde raus? Ist in dem Laden vielleicht ein Irrgarten aus Parfümnebel, in dem man den Ausgang nicht mehr findet? Sind die Verkäufer so aufdringlich, dass der Kunde verzweifelt den Ausgang suchen muss?
“Auf der Basis von Blue Spirit, unserer Unternehmenskultur, sind vor wenigen Monaten die Initiativen Linking Knowledge und Solutions to Customers gestartet. Linking Knowledge ist Ihnen in Verbindung mit unserem Not Invented Here Award ein Begriff.” Na denn kann uns ja nix mehr passieren und wenn ich jetzt den turn around schaffe, ein bischen von Katers Whiskas mit Lifecare probiere, dann feel ich mich tomorrow auch good. Ik sin moje. Good night. (pelo.)
Von Rabatten und Tupperware
Irgendwie war alles schon mal da, die Mode, die Frisuren und die kleinen briefmarkenähnlichen Bildchen, die der Sammler in uns fleißig in Heftchen kleben konnte; Rabattmarken. Einer Seuche gleich breitete sich die Annahme der Einzelhändler aus, man könne den Kunden an seinen Laden binden, wenn man ihm nur bei Kauf seiner Produkte kleine Klebesticker mit an die Hand gibt, mit dem Hinweis, wenn man fleißig sammelt gibt’s was gratis.
Zähneknirschend steckt man also das Heftchen in die Tasche, bedankt sich artig und geht seiner Wege. Einige Wochen später und inzwischen reicher Rabattkartenbesitzer von den verschiedensten Läden, können sie drauf wetten, dass Sie, egal wo sie einkaufen beim Bezahlen immer mit der gleichen Frage konfrontiert werden:” Na, haben sie denn ihr Kärtchen dabei?” Beim ersten Laden konnte ich noch darauf verweisen, das ich besagtes Rabattmarkenkärtchen in einer anderen Jacke habe. In zweiten Laden wurde mein Vorschlag, doch eine Pinwand anzubringen, wo jeder vergessliche Kunde seine für das Einkleben so wichtige Karte hinhängen kann, mit strenger Miene abgelehnt.
Aus solchen Erfahrungen lernend, verneine ich nun ganz energisch die Frage, ob ich denn auch mein Kärtchen dabeihabe. Das führt nunmehr nicht zu einer Verbesserung der Situation, sondern löst ganz spontan den Antwortreflex der Verkäuferin aus:” Na gut, dann schreib’ ich Ihnen das mal auf die Quittung, dann kriegen ’se das nächste mal zwei Marken.
Es half alles nichts, ich musste in die Offensive, wollte ich nicht in naher Zukunft gezwungen sein, mit einem Rabattmarkenkartenordner, übergeordnet in Tankstellen, Bäckereien, Lebensmittelläden und untergeordnet in Quittungen, Kärtchen und noch einzuklebende Marken, einkaufen zu gehen. Im nächsten Laden an der Kasse hatte ich dann ein längeres Gespräch mit der Kassiererin über Sinn und Unsinn der Rabattmarken. “Ihre Frau würd’ sich aber freuen, bei fünfundzwanzig Rabattpunkten können sie sich ein Teil von den Tuppa-Pötten mitnehmen”, wurde ich aufgeklärt. Ich weiß nicht, ob sie sich vorstellen können, wie viele Plastikbehältnisse unser Haushalt aufweist, aber es reicht. (Ein Kumpel erzählte mir mal, das sei noch gar nichts, bei ihm zu Hause könnte er sogar besagte Plastikdosen farbtechnisch den Lebensmittels zuordnen.)
Wie dem auch sei, ich versuchte die Taktik zu ändern und bot der Kassiererin einen erheblichen Bestand unseres Kunststoffbehälterinventars zum Kauf an. Die Frau schlug das Angebot mit dem Hinweis aus, noch mehr Tuppaware bei ihr zu Hause würde ihr Mann nervlich und der Dachboden statisch nicht aushalten und drückte mir mit dem Wechselgeld eine Rabattmarke in die Hand.
Handymanie
“Was, sie haben kein Handy?,” fragte mich vor kurzem jemand ernsthaft erstaunt. Der unglaubliche Ausdruck in seinem Gesicht hätte ein intensiveres Nachfragen erlaubt, aber der Mann wollte mir nicht zu nahe treten, deshalb beließ er es bei einem mitleidigen Kopfschütteln. Um ganz sicherzugehen, nicht vielleicht einen kompletten Vollidioten vor sich zu haben, kam dann doch noch die Nachfrage: “Aber einen Internetanschluss, den haben sie doch, oder?” Ich hätte ihm nun einen Vortrag über meine durch nichts zu erschütternde Vision einer digitalen Revolution erzählen können, ließ es aber bleiben, murmelte was von zahlreichen e‑mail Adressen und wechselte das Thema.
Infolge dieses kurzen Dialogs überlegte ich in den nächsten Tagen ernsthaft, was ich wohl alles in meinem Leben verpassen würde, wenn ich meiner Ablehnung zum Handy treu bleiben wollte. In Gedanken, völlig abgeschirmt dieser Art von Kommunikationstechnologie irgendwann mal einer der wenigen zu sein, die sich nicht von einem piepsenden Etwas tyrannisieren zu lassen, beschloss ich dem Phänomen Handy mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Ich möchte an dieser Stelle das Ergebnis meiner Beobachtungen vorwegnehmen. Ich glaube, nein ich bin fest davon überzeugt, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Erlahmen der Wirtschaft und dem Wissen der Erreichbarkeit eines jeden einzelnen gibt. Sie glauben das nicht? Versuchen sie mal schnellstmöglich einem x‑beliebigen Laden beispielsweise ein Ersatzteil für ein Motorrad zu bekommen. Sie kommen mit ihren Erklärungen bis zum ersten Handyklingeln, garantiert.
“Entschuldigung, was wollten sie noch gleich? Ich versuchte es ein zweites Mal:” Der Anlasser ist kaputt, ich.….……”, tüdelüt, ” ‘tschuldigung, ja?. Nein, nein, sie müssten mir das Teil schon vorbeibringen, so am Telefon kann ich dazu nichts sagen. Ok, morgen dann, ja tschüss.” Der Spezialist in Sachen Motorradteile wendet sich nun wieder mir zu:” Also, am besten du gehst erst mal hinten in die Werkstatt und schraubst den Anlasser.….….… tüdelüt.” Ja bitte?, sicher, die Teile sind angekommen, ja ich rufe an, wenn noch was fehlen sollte, ja klar, Danke.” Derweil stehe ich etwas fremd in der Werkstatt des Ladenbesitzers und überlege ernsthaft, wie ich dem Mann am Telefon die Problematik meines Motorrades klarmachen soll ohne ständig unterbrochen zu werden. Ich erspare hier die ausführliche Schilderung über den Verlauf des Gesprächs, nur soviel, ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen eines intakten Anlassers.
Bei näherer Betrachtung des Phänomens Handy erwies sich meine Theorie in der folgende Woche als zutreffend. Ein anderer Laden, dasselbe Prozedere. “Guten Tag, ich hätte gerne .….….….” Tüdelüt. “Moment, bin gleich bei ihnen.” Derweil der Mann telefonierte, konnte ich in aller Ruhe die Auslage beobachten, die allerdings nicht sonderlich interessant war, denn ich befand mich in einem Getränkeladen. “So, jetzt zu ihnen, was wollten sie doch gleich?” Ich hätte gerne drei Fass Bier und eine.….……” tüdelüt. Himmelarschundwolkenbruch. Das verdammte Telefon fing an, mir den letzten Nerv zu rauben, schließlich stand ich jetzt schon geschlagene zwanzig Minuten in dem Laden und konnte in dieser nutzlosen Zeit dem Ladenbesitzer nicht klarmachen, was ich eigentlich wollte. Ich wurde also langsam ärgerlich. ” Hören sie, wenn es ihre geschätzte Aufmerksamkeit erlaubt, würde ich gerne einige Spirituosen bei ihnen erwerben, aber nur, wenn es sie nicht allzu sehr belastet, ich meine, wenn sie es schaffen sollten, in den nächsten fünf Minuten nicht ans Telefon zu gehen. “Ja, ja schon gut, sie sehen doch, was hier los ist.” Was hier los ist?, fragte ich mich, soweit wie ich das sehen konnte, war ich der einzige Kunde in dem riesen Laden. “Ok, also ich hätte gerne drei Fass Bier, eine Zapfanlage und den ganzen Kram, den man für eine Party braucht.” “Drei Fass Bier, mein lieber Mann, die kann ich ihnen in der Kürze der Zeit nicht mehr besorgen, warum haben sie denn nicht vorher angerufen, haben sie denn kein Handy?”
Im Sauerland
Der Sauerländer ist ein komischer Kauz: wortkarg, dickköpfig, trinkfest, traditionsbewusst und nachtragend. Er reagiere, so sagte mir neulich ein zugezogener Hamburger, immer so wie man es überhaupt nicht erwarte. Das alles entspricht der Wahrheit und wenn man sich die Herkunft des Namens verinnerlicht, könnte man geneigt sein, die Namensgebung im Kontext mit dem Charakter des Sauerländers zu sehen. Der Name Sauerland stammt nicht vom Wort sauer ab, sondern vom Wort sur aus dem mittelalterlichen Niederdeutsch, was soviel wie schwierig bedeutet.
Allerdings ist nicht der Charakter des Sauerländers gemeint, sondern, dass es früher aufgrund der Berge und Täler schwierig war, durch das Sauerland zu reisen.
Ich hatte neulich bei einem Seminar die Gelegenheit als Sauerländer für Heiterkeit zu sorgen. Der Referent gab sich große Mühe, die Problematik der Durchlässigkeit von firmenspezifischen Informationstrukturen eines großen Konzerns zu erklären. Der Konzern arbeitet weltweit und hat in Deutschland bundesweit seine Geschäftsfelder. Seine Aufgabe sei es, so der Vortragende, die Informationen so aufzubereiten, dass sie von jedem Mitarbeiter richtig verstanden würde. Schwierig wäre das in sofern, als das die Kollegen in Schleswig-Holstein ein anderes Verständnis hätten, als die Kollegen im Sauerland, wo der Konzern einen Standort hat. Am Ende des Referats habe ich mich gemeldet und gesagt, er müsse das noch mal erklären, ich hätte nichts verstanden, da ich aus dem Sauerland käme. Großes Gelächter. Den Heiterkeitsausbruch der Seminarteilnehmer konnte ich nicht nachvollziehen, ich hatte wirklich nichts verstanden.
Natürlich kann auch ein gewisser Einfluss der zahlreichen Brauereien auf das Trinkverhalten des Sauerländers nicht widersprochen werden. Bei Schützenfesten beispielsweise ist es Tradition, in schneller Abfolge, von morgens bis nachts, ohne Rücksicht auf die Promillewerte, so viel Bier zu trinken wie rein biologisch in den Körper geht. Das das naturgemäß zu einigen merkwürdigen Szenen führt, versteht sich von selber. In seiner ureigensten Logik fuhr ein Bauer mit seinem Trecker direkt vor die Schützenhalle, um das Schützenfest zu feiern. Er wäre nach dem Schützenfest so voll, gab der Bauer als Erklärung ab, dass er nicht mehr laufen könne und mit dem Trecker könne er übers Feld nach Hause fahren. Nach besagtem Fest stürzte ebendieser Bauer aus der Halle und versuchte, beobachtet von der Dorfpolizei, auf seinen Trecker zu steigen. Nach dem er dreißigmal auf der gegenüberliegenden Seite vom Trecker gefallen war, erbarmte sich die Polizei und brachte den angeschlagenen Landwirt im Streifenwagen nach Hause.
Die nachgesagte Wortkargheit des Sauerländers muss man meiner Meinung nach doch ein wenig relativieren. Es muss ja nicht immer alles was bereits gesagt wurde noch einmal im großen Zusammenhang erläutert werden. Wir Sauerländer haben ein gutes Gedächtnis und wissen meist, worum es geht. Stimmt doch, oder? — Jau käh.(pelo.)