J.D. Vance — Hillbilly Elegy

Wenn man im Netz auf J.D. Van­ce stößt, wird man nicht unbe­dingt anneh­men, dass der Jurist und Autor aus der wei­ßen Unter­schicht der USA stammt.

Hill­bil­ly Elegy heißt sein Buch, das dem Leser einen sel­te­nen Ein­blick in das Leben derer gestat­tet, die am Rand der Gesell­schaft stehen.

1Hill­bil­lys nen­nen sich die Bewoh­ner der länd­lich gebir­gi­gen Gegen­den in den USA. Über­ge­sie­delt in die Indus­trie­städ­te träum­ten sie den ame­ri­ka­ni­schen Traum, der für vie­le gene­ra­ti­ons­über­grei­fend in Armut und Arbeits­lo­sig­keit ende­te. Van­ce erzählt die Geschich­te der wei­ßen Unter­schicht — sei­ner Geschichte.

Die Armut, die Gewalt, stän­dig wech­seln­de Män­ner­be­kannt­schaf­ten der Mut­ter, Opio­ide und Alko­hol ist die Par­ti­tur, aus dem sei­ne Bio­gra­phie geschrie­ben ist.
J.D. Van­ce wird in Midd­le­town Ohio gebo­ren. Zu der Zeit begann bereits der Nie­der­gang der Stadt. Der größ­te Arbeit­ge­ber, das ansäs­si­ge Stahl­werk, ent­ließ Arbei­ter, die Arbeits­lo­sig­keit stieg enorm.

Hier beginnt der Wer­de­gang von J.D. Van­ce. Der Jun­ge aus der wei­ßen Unter­schicht, der mit einer sucht­kran­ken Mut­ter, fünf­zehn ver­schie­de­nen Stief­vä­tern, einer über alles gelieb­ten schieß­wü­ti­gen und rup­pi­gen Groß­mutter und einem über­spann­ten Fami­li­en­clan auf­ge­wach­sen ist.

Das Buch ist nicht frei von Humor. Wenn der Autor von sei­ner Groß­mutter erzählt, die einen Dieb im Gar­ten mit dem Schrot­ge­wehr zur Stre­cke bringt und auch sonst nicht gera­de zim­per­lich ist, ent­behrt das nicht einer gewis­sen Komik; der Leser ist geneigt, sich eine kit­tel­be­schürz­te klei­ne­re alte Frau mit gro­ßer Bril­le und noch grö­ße­rem Schrot­ge­wehr vorzustellen.

Die Gewalt bleibt nicht inner­halb der Fami­lie, wenn z.b. der ver­sof­fe­ne Ehe­gat­te von der Groß­mutter mit Ben­zin in über­gos­sen und ange­zün­det wird und nur durch den beherz­ten Lösch­vor­gang durch ein Nach­bar­kind vorm Tod bewahrt wird.
Roh­heit und Gewalt wird gera­de­zu erwar­tet, wer als Außen­ste­hen­der ein Fami­li­en­mit­glied belei­digt, muss mit Prü­gel rechnen.

Die Lebens­um­stän­de des jun­gen Van­ce sind mehr als ungüns­tig. Allein die Groß­mutter, die ihn in ihrem Haus auf­nimmt, gibt dem Jun­gen den nöti­gen Halt.
J.D. geht sei­nen Weg. Vom Hill­bil­ly Jun­gen zum Absol­ven­ten einer der renom­mier­tes­ten Uni­ver­si­tä­ten der Welt. Trotz aller Wid­rig­kei­ten stu­diert er in Yale erfolg­reich Jura.

Das Buch gibt einen Ein­blick des wei­ßen Pre­ka­ri­ats der USA. Einer Gesell­schaft, die sich der­weil vom ame­ri­ka­ni­schen Traum weit­ge­hend ver­ab­schie­det hat.



J.D. Van­ce über den Begriff “Hill­bil­lies”

“Der Begriff “Hill­bil­ly” meint ursprüng­lich einen Men­schen, der aus den Appa­la­chen stammt, zum Bei­spiel aus den Ber­gen von Ken­tu­cky wie mei­ne Fami­lie. Ein typi­scher Hill­bil­ly stammt von schot­tisch-iri­schen Ein­wan­de­rern ab, er ist weiß, arm, er arbei­tet hart und ist durch­aus rup­pig. Ein Hill­bil­ly scheut nicht davor zurück, ein paar Hie­be aus­zu­tei­len, wenn man ihn belei­digt. Mil­lio­nen die­ser Leu­te sind nach dem Zwei­ten Welt­krieg aus dem Süden der USA in den Mit­tel­wes­ten gezo­gen, um dort in der Indus­trie, in den Fabri­ken und Stahl­wer­ken zu arbei­ten. Ich ver­wen­de den Begriff in mei­nem Buch daher für die gesam­te unte­re wei­ße Arbei­ter­klas­se im so genann­ten “Rost­gür­tel”.

Quel­le: suedeutsche.de