Glaube, Sitte, Heimat

Ich kann mir über­haupt nicht vor­stel­len, wie win­ter­tags vor, sagen wir mal 50 Jah­ren die Ver­sor­gungs­we­ge zum Sau­er­land auf­recht­erhal­ten wer­den konn­ten. Ein­mal mehr ist näm­lich das Sau­er­land trotz des nahen­den Früh­lings ein­ge­schneit. Wir müs­sen halt hier mit allem rechnen.


Apro­pos, mit allem rech­nen: Das Sau­er­land ist ja unter ande­rem für def­ti­ge Schüt­zen­fes­te bekannt. In mei­ner Sturm- und Drang­zeit in den acht­zi­ger Jah­ren war das wort­wört­lich zu neh­men. Wir erwar­te­ten, trotz aller Vor­keh­run­gen durch die unse­rer Mei­nung nach spaß­be­frei­ten Schüt­zen des Hof­staats, immer am Schüt­zen­fest-Sams­tag die legen­dä­re Dorf­prü­ge­lei vor der Halle.

Man wür­de das heu­te sicher mit Ent­set­zen und unter Anruf bei der ört­li­chen Exe­ku­ti­ven miss­bil­li­gen; wir fan­den sei­ner­zeit nichts dabei. Dem Ver­neh­men nach sol­len die Uni­for­mier­ten damals auch nur etwas von: “ Is‘ halt Schüt­zen­fest“, gemur­melt haben, soll­te doch mal jemand auf die Idee gekom­men sein, auf­grund der Kei­le­rei zum Tele­fon­hö­rer zu greifen.

Jeden­falls — Wer wis­sen will, was sich im Sau­er­land in der Zeit alles abspiel­te, dem emp­feh­le ich das Buch von Jochen Ens­te, Glau­be, Sit­te, Hei­mat: Ein Schwank vom Schützenfest.

Jochen Ens­te beschreibt ziem­lich gut die Gescheh­nis­se beim Schüt­zen­fest in den acht­zi­ger Jah­ren. Mehr noch: Ens­te kommt hier aus der Regi­on und nimmt Bezug auf ein­zel­ne Cha­rak­ter der Dorf­ge­mein­schaft, die fik­ti­ven Figu­ren sind zwar der Phan­ta­sie des Autors ent­sprun­gen, las­sen sich aber trotz­dem in dem ein oder ande­ren Mit­bür­ger und Mit­bür­ge­rin wiedererkennen.

Jeden­falls von denen, die hier auf­ge­wach­sen sind und in den 1980er Jah­ren jung und mit unge­stü­mem Tem­pe­ra­ment aus­ge­stat­tet waren.