In meiner Kinder — und Jugendzeit gab es in meinem Dorf einen Haushaltswarenladen. Die Besitzerin, eine betagte Dame, in meiner Erinnerung weit über die Siebzig, hieß Wagners Änne. Die Dame ruhte in den weniger frequentierten Zeiten auf einem Sofa im Wohnbereich des Ladens, der sich an die Ladenzeile anschloss. Oftmals vergaß die Ladenbesitzerin ihr Geschäft abzuschließen und so konnte man auch noch am späten Abend Schrauben oder Briefmarken erwerben. In diesem Laden gab es alles rund um den Haushalt. Was es dort nicht gab, brauchte man schlichtweg nicht.
In Kindertagen wurde hier das Taschengeld in Spielzeug umgesetzt, es gab alles rund um das Fahrrad, Haushaltsartikel, Postkarten, Einmachgummis und noch vieles mehr, was dieser Laden in den schier unendlichen Lager neben Wohnstube und Ladenzeile beherbergte. Ich erinnere mich, an einem Samstagnachmittag bei meiner Mutter einen Kaminofen installiert zu haben, bei dem freilich die Ofenrohre fehlten.
Damals gab es noch keine Baumärkte in der Nähe und Samstags waren die Geschäfte ebenso geschlossen, wie Mittwochsnachmittags. Die einzig verbleibende Möglichkeit, zumal an einem Samstagnachmttag, war Wagners Änne.
Und tatsächlich, die alte Dame hatte vergessen die Tür abzuschließen.
Nach einem Palim Palim an der Ladentür und mehrfachen Rufen schlurfte Wagners Änne aus ihrem Wohnbereich in Richtung Laden. Ich entschuldigte mich mehrfach und berichtete von meinem Malheur der vergessenen Ofenrohre. Sie wies mich mit einem kurzen Nicken an, hinten im Lager das was ich brauchte zusammen zu suchen. Mit einem kurzen: “Schreib’ auf, was Du mit nimmst und leg mir den Zettel auf die Theke,“ ließ sich die Königin der Haushaltswaren nicht weiter von ihrem Samstagsnachmittagsschläfchen abhalten.
Vor ein paar Jahren, mit über neunzig Jahren wollten ihre Beine nicht mehr und Wagners Änne legte sich zu ewigen Ruhe.
Heute gibt es Amazon. Da gibt es auch alles. Anschreiben lassen kann man dort nicht.