Ist die Deindustrialisierung gewollt?


In der letz­ten Woche gab Chris­ti­an Lind­ner dem Han­dels­blatt ein bemer­kens­wer­tes Inter­view, in dem der Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ter den Wirt­schafts­stand­ort Deutsch­land als nicht mehr wett­be­werbs­fä­hig bezeich­ne­te. Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter Habeck hat­te sich bereits zuvor ähn­lich geäußert.

Ist das nun bereits eine Kapi­tu­la­ti­on vor der eige­nen Wirt­schafts­po­li­tik in Deutsch­land oder ein Test­bal­lon, inwie­weit die Bun­des­bür­ger für eine Ver­schie­bung der Wert­schöp­fung von der Pro­duk­ti­on hin zu Dienst­leis­tun­gen emp­fäng­lich sind?

Die Wirt­schafts­wei­se Moni­ka Schnit­zer etwa hält eine Abwan­de­rung ener­gie­in­ten­si­ver Unter­neh­men ins Aus­land für die Wert­schöp­fung in Deutsch­land eben­falls für verkraftbar.

Ähn­lich äußer­te sich der Chef des ifo Insti­tuts, Prof. Cle­mens Fuest: „Letzt­lich führt kein Weg dar­an vor­bei, dass sich die deut­sche Indus­trie an die ver­än­der­ten Ener­gie­prei­se anpas­sen muss. Dabei wird sich nicht ver­mei­den las­sen, dass beson­ders ener­gie­in­ten­si­ve Tei­le der Pro­duk­ti­on abwan­dern oder ver­la­gert werden“.

Der Öko­nom Prof. Mar­tin Höp­ner argu­men­tiert gar, “dass eine Deindus­tria­li­sie­rung bis zu einem gewis­sen Grad eine nor­ma­le Ent­wick­lung sei” und führt neben den hohen und anhal­tend hohen Ener­gie­prei­sen auch den Rück­gang der Erwerbs­be­völ­ke­rung in der BRD an. “Spä­tes­tens wenn die gebur­ten­star­ken Jahr­gän­ge (die etwa zwi­schen 1955 und 1969 Gebo­re­nen) in Ren­te gehen, müs­sen wir uns über­le­gen, wie wir die knap­pen Arbeits­kräf­te ein­set­zen”, so Prof. Höpner.

Zudem sei bereits jetzt eine „Sät­ti­gung“ bei Indus­trie­pro­duk­ten zu beob­ach­ten, die dazu füh­re, „dass die Men­schen mit stei­gen­dem Wohl­stand antei­lig mehr Dienst­leis­tun­gen nachfragen“.

Ich ver­mis­se in die­sem Zusam­men­hang aller­dings eine Ant­wort auf die Fra­ge, woher die weg­bre­chen­den Steu­er­ein­nah­men und eine stei­gen­de Nach­fra­ge für Dienst­leis­tun­gen bei einem Wech­sel vom gut ver­die­nen­den Indus­trie­an­ge­stell­ten zum schlecht­be­zahl­ten Dienst­leis­ter kom­men soll.

Ich bin jeden­falls davon über­zeugt, dass eine, wenn auch vor­sich­ti­ge, Abwan­de­rung der Indus­trie man­gels Wett­be­werbs­fä­hig­keit auf­grund hoher Ener­gie­prei­se in Deutsch­land die Gefahr einer Ket­ten­re­ak­ti­on aus­löst und die Bun­des­re­pu­blik sich damit von der indus­tri­el­len Pro­duk­ti­on verabschiedet.

Ver­mut­lich bedeu­tet dies aber gleich­zei­tig den Abschied vom Wohl­stand gro­ßer Tei­le der Bevölkerung.

One Comment

  1. Ja, Peter. Das ist des Pudels Kern:

    Ich ver­mis­se in die­sem Zusam­men­hang aller­dings eine Ant­wort auf die Fra­ge, woher die weg­bre­chen­den Steu­er­ein­nah­men und eine stei­gen­de Nach­fra­ge für Dienst­leis­tun­gen bei einem Wech­sel vom gut ver­die­nen­den Indus­trie­an­ge­stell­ten zum schlecht­be­zahl­ten Dienst­leis­ter kom­men soll

    Die da so klug daher­re­den, haben sich also damit “abge­fun­den”, dass die ideo­lo­gie­ge­trie­be­nen Ver­än­de­run­gen (Grü­ne) zum Absturz gan­zer Indus­trie führt. Dass damit ein mas­si­ver Ver­lust an Ein­kom­men ein­her­ge­hen wird, igno­rie­ren die­se Banau­sen. Man redet über sol­che Din­ge halt nicht. Die Bevöl­ke­rung wird noch früh genug “dahin­ter kommen”. :-/

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