Zeit für Verhandlungen

Außen­mi­nis­te­rin Baer­bocks vor­schnel­le Äuße­run­gen über den Ein­satz einer Frie­dens­trup­pe sind für eine Regie­rung die kei­ne Mehr­heit mehr hat, zwar ziem­lich anma­ßend und hat vie­le wil­de Spe­ku­la­tio­nen in den sozia­len Netz­wer­ke aus­ge­löst und dürf­te außer­dem ein­mal mehr nicht abge­stimmt sein. 

In der Sache aller­dings hat Frau Baer­bock Recht. 

Baer­bock hat­te auf die Fra­ge nach einer deut­schen Betei­li­gung zur Absi­che­rung eines Waf­fen­still­stands in der Ukrai­ne gesagt, das aus ihrer Sicht Deutsch­land eine gro­ße Rol­le zur Frie­den­si­che­rung in der Ukrai­ne spie­len wird. 

War­um nun die Außen­mi­nis­te­rin gera­de jetzt von einer mög­li­chen Betei­li­gung deut­scher Trup­pen an einer mög­li­chen Frie­dens­mis­si­on spricht, kann (hof­fent­lich) nur der Hin­weis dar­auf sein, dass sowohl Russ­land als auch die Ukrai­ne end­lich zu Ver­hand­lun­gen bereit sind. 

Offen­sicht­lich nähert man sich der Ver­nunft von Ver­hand­lun­gen im Ukrai­ne Kon­flikt an und natür­lich wird Deutsch­land nicht drum her­um kom­men, sich nach Kriegs­en­de nicht nur an einer Frie­dens­si­che­rung, son­dern auch am Wie­der­auf­bau zu betei­li­gen. Eine Frie­dens­si­che­rung aller­dings, darf mei­nes Erach­tens nur mit UN-Man­dat und inte­griert in eine Blau­helm­trup­pe initi­iert wer­den, alles ande­re wäre fahr­läs­sig und eine unnö­ti­ge Provokation. 

Die Bun­des­wehr besitzt nicht die Res­sour­cen, sich einer über­mäch­ti­gen und kriegs­er­fah­re­nen Armee im Ernst­fall ent­ge­gen zu stel­len. Eine deut­sche Trup­pe an der 2000km lan­gen Gren­ze zur Russ­land wäre also nicht nur Kos­me­tik, son­dern schlicht­weg eine Farce. 

Ander­seits hat die Bun­des­re­pu­blik mit Lie­fe­rung der ers­ten Waf­fen in die Ukrai­ne eine kost­spie­li­ge Ver­ant­wor­tung über­nom­men, die uns ver­mut­lich die nächs­ten zehn Jah­re beglei­ten wird. Die­je­ni­gen, die Inter­es­se an einem lan­gen Krieg hat­ten, wer­den sich der Ver­ant­wor­tung nicht stel­len. Die wenigs­ten Ver­ant­wort­li­chen wer­den erwar­tet haben, dass die Lie­fe­rung von Waf­fen in ein Kri­sen­ge­biet den Frie­den brin­gen wür­de, son­dern im Gegen­teil neben hun­dert­tau­sen­den von Toden eben­falls einen groß­flä­chi­ge Zer­stö­rung der Infra­struk­tur. Die Poli­ti­ker, die sich als Kriegs­trei­ber her­ga­ben, sind will­fäh­ri­ge Mario­net­ten einer Hege­mo­ni­al­macht, die neben der Rüs­tungs­in­dus­trie einen erheb­li­chen Nut­zen aus dem Kon­flikt zieht; sie alle müs­sen das mit sich sel­ber ausmachen. 

Die Bun­des­re­pu­blik aber, als Waf­fen­lie­fe­rant für die Ukrai­ne, wird sich nicht aus der Ver­ant­wor­tung zie­hen kön­nen, das Land nach Kriegs­en­de wie­der mit auf­zu­bau­en. Die Kos­ten für den Wie­der­auf­bau der Infra­struk­tur wer­den auf ca. 500 Mil­li­ar­den Euro bezif­fert, die Trans­fer­leis­tun­gen für die Anschub­fi­nan­zie­rung des vom Krieg zer­stör­ten Lan­des sind dabei noch nicht ein­ge­rech­net.

Bei aller Sinn­lo­sig­keit des Krie­ges bleibt viel­leicht spä­ter ein­mal die Ein­sicht, dass die alte Dok­trin, kei­ne Waf­fen in Kri­sen­ge­bie­te zu lie­fern, durch­aus ihre Berech­ti­gung hat­te und hat. Krieg kennt kei­ne Gewin­ner und Waf­fen­lie­fe­run­gen brin­gen kei­nen Frieden. 

Für die vie­len toten Sol­da­ten, Zivi­lis­ten und Inva­li­den, die der Krieg auf bei­den Sei­ten gefor­dert hat, kommt die­se Ein­sicht zu spät. 

BTW: Die Zeit­schrift Emma hat eine Peti­ti­on zu einem Waf­fen­still­stand mit einem Brief an Bun­des­kanz­ler Scholz gestar­tet. Stand Frei­tag, 06.01.2025 haben bereits 512.000 Bür­ge­rin­nen und Bür­ger unter­schrie­ben. Zur Unter­schrift geht’s hier ent­lang.

6 Comments

  1. So sehr ich mir Frie­dens­ver­hand­lun­gen wün­schen wür­de, so wenig Hoff­nung habe ich, dass bestimm­te Betei­lig­te auch nur ein biss­chen ein­len­ken wer­den. Das wür­de ja bedeu­ten, dass man am Ende womög­lich mit der gan­zen Kriegs­trei­be­rei falsch lag, was ja kei­ner zuge­ben wird. Ande­rer­seits habe ich auch gelernt, dass man sich mit “alter­na­ti­ven Fak­ten” und krea­ti­ver Bericht­erstat­tung durch­aus als Held dar­stel­len kann, egal was die rest­li­che Welt davon hal­ten mag.
    Auch, wenn ich schon lan­ge nicht mehr an den Weih­nachts­mann glau­be, hät­te ich nichts dage­gen, wenn er uns allen ein biss­chen mehr Frie­den — mit einer gro­ßen, bun­ten Schlei­fe — unter den Baum legen würde.

    1. Lei­der gibt es immer noch genug Men­schen, die von die­sem Krieg pro­fi­tie­ren. Die Sol­da­ten an der Front und die Zivil­be­völ­ke­rung gehört nicht dazu. Ich war sel­ber lan­ge genug Sol­dat, um zu wis­sen, wie die Kriegs­ma­schi­ne­rie funk­tio­niert und — schlim­mer noch, ein­mal in Gang gesetzt, nur schwer auf­zu­hal­ten ist.

  2. Frie­den? Für wie lan­ge? Bis Putin wie­der genug Sol­da­ten unter Waf­fen hat um ande­re Län­der angrei­fen zu kön­nen oder einen neu­en Ver­such der Unter­wer­fung in der Ukrai­ne zu star­ten? Und am Ende stellt sich die Fra­ge: wofür das alles? Die Ukrai­ne größ­ten­teils zer­bombt, die Infra­struk­tur zer­stört, etli­che tau­send Tote und Ver­stüm­mel­te Ukrai­ner in der Zivil­be­völ­ke­rung — von den Sol­da­ten gar nicht zu reden — dazu die Kriebs­ver­bre­chen, die began­gen wur­den, um hin­ter­her zum Busi­ness as Usu­al über­zu­ge­hen? Ich glau­be nicht, dass das funk­tio­niert, wenn sich in den letz­ten zwei Jah­ren der Hass in den Köp­fen der Men­schen mani­fes­tiert hat.
    Ges­tern schießt man sich noch gegen­sei­tig in den Wir­sing und heu­te soll man zusam­men kuscheln?
    Und das die EU den Wier­der­auf­bau mit etli­chen Mil­li­ar­den bezah­len soll, wenn hier schon drü­ber nach­ge­dacht wird, das Ren­ten­ein­tritts­al­ter zu erhö­hen, weil die Kas­sen leer sind (dar­an war aus­nahms­wei­se nicht Lind­ner Schuld) — das funk­tio­niert wohl auch nicht. So einen hohen “Soli­da­ri­täts­zu­schlag”, wie man bräuch­te um die Ukrai­ne wie­der auf­zu­bau­en wird der deut­sche Bür­ger auch wohl kaum zah­len wol­len. Putin wird es aber auch nicht zah­len, denn bei Frie­dens­ver­hand­lun­gen ist er fein raus. Es gibt kei­nen Besieg­ten, der die Kos­ten über­neh­men muss. Jaja.. Vae Vic­tis? Njet..

    1. Ver­hand­lun­gen kön­nen nur so enden, dass bei­de Sei­ten nicht das Gesicht ver­lie­ren. Die Vor­la­ge dafür gibt es bereits und das schon län­ger. So lan­ge das Inter­es­se an der Situa­ti­on über­wiegt, wird es natür­lich kei­ne Ver­hand­lun­gen und kei­nen Frie­den geben. Per­sön­lich habe ich die Hoff­nung auf eine Rück­kehr der Ver­nunft noch nicht aufgegeben.

  3. Dass die Äuße­rung Baer­bocks auf Wider­stand und die­se all­zu däm­li­che Kri­tik sto­ßen wür­de, war mir klar, als ich dar­über las. 

    In der Sache aller­dings hat Frau Baer­bock Recht. 

    Das ent­spricht auch mei­ner Mei­nung. Wir haben Mil­li­ar­den in die Ukrai­ne “inves­tiert” und dann, wenn es um die Absi­che­rung eines ent­spre­chen­den Frie­dens (der hof­fent­lich irgend­wann kommt) sol­len wir uns raus­hal­ten? Das passt so gar nicht zusam­men. Aber die­se Leu­te, die in Social Media so laut auf­heu­len, kön­nen nicht anders. Sie den­ken nicht, sie wüten wie Irre. Vor allem gegen alles, was “Grün” ist.

  4. Na ja, die Grü­nen haben sich auch nicht gera­de mit Rum bekle­ckert, was den Ukrai­ne­kon­flikt angeht. Wenn ich schon durch irgend­wel­che Umstän­de mei­ne Mei­nung als Pazi­fist kom­plett ins Gegen­teil ände­re, dann gerie­re ich mich nicht noch plötz­lich als Militärexperte.

    Ver­gan­gens lässt sich nicht rück­gän­gig machen, in der Ukrai­ne ist das pas­siert, was füh­ren­de Mili­tärs vor­aus­ge­sagt hat­ten. Wir haben einen Abnut­zungs­krieg, bei dem ohne nen­nens­wer­te mili­tä­ri­sche Erfol­ge nach und nach die Ukrai­ne zer­bombt wird und jeden Tag Sol­da­ten und Zivi­lis­ten ster­ben oder zu Inva­li­den geschos­sen werden. 

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