Süßes oder Saures

Hatten wir da nicht erst einen Text dazu? Ach ja, hier.

Wei­test­ge­hen­der Kon­sens in Bezug auf Hal­lo­ween ent­deck­te ich bei der Durch­sicht mei­nes Rea­ders. Herr Bud­den­bohm the­ma­ti­siert zugleich Hal­lo­ween und die unsäg­lich pene­tran­te Zusam­men­füh­rung von Arbeit und Privatleben. 

„Heu­te Home-Office, denn im Büro­ge­bäu­de fin­det ein lus­ti­ges Hal­lo­ween-Event statt, mit Team­buil­ding, Ver­klei­dun­gen und Geis­ter­jagd. Dafür bin ich ent­we­der zu alt, zu nord­deutsch, zu schlecht gelaunt oder zu verstockt. [..]“ 

Die Art der Ver­brü­de­rung unter Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen nimmt offen­sicht­lich weit über die übli­che jähr­li­che Weih­nachts­fei­er hin­aus­ge­hend zu. Das gan­ze Jahr wer­den unter dem Schlag­wort “Team­buil­díng” Ver­an­stal­tun­gen zur pri­va­ten Zusam­men­füh­rung vorgehalten. 

Wöchent­li­che Stamm­ti­sche eben­so wie Ver­an­stal­tun­gen am Wochen­en­de. Die Unsit­ten scheint aus den USA rüber zu schwap­pen, wo Arbeit gleich­sam und unmerk­lich ins Pri­va­te ver­zahnt ist.

Nicht falsch ver­ste­hen: ich mag mei­ne Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen. Nicht alle, aber doch die meis­ten. Was ich nicht mag, ist der Ein­fluss der Frei­zeit­ge­stal­tung durch ande­re. Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Für alles ande­re gilt uni­so­no der Text von Herrn Bud­den­bohm, mit Aus­nah­me der Ableh­nung der­ar­ti­ger Ver­an­stal­tun­gen auf­grund regio­na­ler Herkunft. 

Ich bin Sau­er­län­der; letzt­end­lich scheint es jedoch eini­ge Über­ein­stim­mun­gen mit Ham­burg zu geben. 

7 Comments Süßes oder Saures

  1. Queen All

    Das Bedürf­nis nach gemein­sa­mer Frei­zeit­ge­stal­tung lässt rapi­de nach, sobald der Groß­teil im Team Nach­wuchs am Start hat. Viel­leicht brau­chen man­che das also ein­fach, weil sie selbst nicht wis­sen, wie sie ihre pri­va­te Zeit nut­zen sol­len? Die Team­buil­ding-Ideen von HR gehö­ren für mich defi­ni­tiv ins Gru­sel­ka­bi­nett. Von daher passt das ja ganz gut zu Hal­lo­ween 😄. Sol­che Rin­gel­piez-Spiel­chen erspa­re ich mei­nem Team aus Prin­zip, das sind schließ­lich kei­ne Klein­kin­der — wobei, wenn es um Süßig­kei­ten geht, bin ich mir da nicht so sicher…

    Reply
  2. Peter Lohren

    Aber gera­de da könn­te natür­lich ein Ansatz für gemein­sa­me Akti­vi­tä­ten sein; Stil­len im Team bei­spiels­wei­se oder das gemein­sa­me Win­del­wech­seln als Maß­nah­men zur geziel­ten För­de­rung von Zusam­men­ar­beit, Ver­trau­en und Kom­mu­ni­ka­ti­on inner­halb eines Teams. 😁

    Reply
  3. Dr. Nerd

    Team­buil­ding-Maß­nah­men um wie­der den sozia­len Kit anzu­rüh­ren, den Covid durch Home Office oder mobi­les arbei­ten lang­sam aber sicher zer­setzt hat? Wird nicht funk­tio­nie­ren. Kann nicht funktionieren!
    Die IT von tk saß frü­her in einer Aus­sen­stel­le eini­ge Kilo­me­ter ent­fernt vom tk Haupt­quar­tier. Dort saßen wir alle zusam­men in einem Groß­raum­bü­ro: Die Dat­a­cen­ter-Jungs, die Netz­wer­ker, die Tele­fö­ner, Der First und Second-Level Sup­port und wir vom DLC (Device Life Cycle = Bestel­lung, Beschaf­fung, Instal­la­ti­on und Buch­hal­tung). Man kann­te sich — man moch­te sich (man­che mehr, man­che weni­ger — wie das eben nor­mal ist). Bei Pro­ble­men stand man eben von sei­nem Stuhl auf, ging 10 Schrit­te zum Kol­le­gen, wenn der gra­de nicht tele­fo­nier­te und in nicht mal einer Minu­te waren vie­le Pro­ble­me, für die man sonst ewig lan­ge eine Mail-Kor­re­spon­denz mit den Kol­le­gen in Dan­zig hät­te füh­ren müs­sen aus der Welt. Man ging zusam­men zu Mit­tag, traf sich auf dem Flur an der Kaf­fee­ma­schi­ne und über den “Flur­funk” war man immer gut infor­miert was nicht nur in der eige­nen Abtei­lung los war, son­dern auch was gra­de in den ande­ren klemm­te. Häu­fig konn­te jemand aus einer ganz ande­ren Abtei­lung mit sei­nem Wis­sen Kol­le­gen aus ande­ren Abtei­lun­gen wert­vol­le Tips geben, denn so ist das ja häu­fig, dass die meis­ten nicht über den Tel­ler­rand des Pro­blems schauen.
    Dann kam die ers­te Zäsur. Die Hälf­te der frü­he­ren Kol­le­gen wech­sel­ten zu einem ande­ren Kon­zern­be­reich. Natür­lich nicht frei­wil­lig son­dern weil die IT “zu teu­er” war und man die Kopf­zah­len sen­ken woll­te. Da zu dem Zeit­punkt auch ein “Kun­de” (fin­de ich immer schräg, wenn man Kol­le­gen die in einem ande­ren Kon­zern Unit arbei­ten als “Kun­de” bezeich­net — sind für mich alles Kol­le­gen) mit meh­re­ren Tau­send Mit­ar­bei­tern eigen­stän­dig wur­de, pass­te das ganz gut, denn die brauch­ten natür­lich auch eine eige­ne IT.
    Im Rah­men die­ser Umstruk­tu­rie­rung zog die IT auf den tk Cam­pus, denn dort waren jetzt Leer­stän­de, da ja eine gro­ße Kon­zern Unit aus­ge­zo­gen war und die nun in Düs­sel­dorf ihr Haupt­quar­tier hatte.
    Hier ging die gewoll­te per­so­nel­le Zer­schla­gung der IT wei­ter: Jede Abtei­lung der IT saß in einem ande­ren Gebäu­de — mal eben schnell zum Kol­le­gen gehen? Fehl­an­zei­ge. Man ent­frem­de­te sich.
    Dann kam Covid und die Zeit als nicht mehr als ein Kol­le­ge zeit­gleich in einem Büro sein durf­te und man dazu über­ging das mobi­le arbei­ten einzuführen.
    Covid ging vor­über — das mobi­le arbei­ten nicht. Wenn ich Frei­tags (der Tag an dem erfah­rungs­ge­mäß die meis­ten Kol­le­gen Home Office machen) in mein Büro in Essen war, dann saßen auf der kom­plet­ten Eta­ge 2 Per­so­nen: ein Kol­le­ge aus dem DLC und ich.
    In der Woche sit­zen in den NWOW-Büros (NWOW ist die Abkür­zung für New Ways of Working = kein fes­tes Büro, son­dern man setzt sich ein­fach irgend­wo hin, wo gra­de Platz ist) manch­mal noch ande­re Per­so­nen. Kei­nen von denen ken­ne ich, noch weiß ich in wel­cher Abtei­lung er tätig ist. Man geht auch nicht in das Büro für ein Schwätz­chen son­dern küm­mert sich um sei­ne eige­nen Auf­ga­ben, weil man über die letz­ten Jah­re zu einem Ein­zel­kämp­fer erzo­gen wurde.
    Bei gro­ßen sozia­len Events auf Fir­men-Ebe­ne wie Weih­nachts­fei­ern blei­ben die ein­zel­nen Abtei­lun­gen — die nur noch aus 3–4 Per­so­nen bestehen — unter sich, weil das die ein­zigs­ten Per­so­nen sind, die man noch von frü­her kennt und mit denen man per Teams oder Mail Kon­takt hat. Man hat sich ent­frem­det — selbst “Büro­freund­schaf­ten” von frü­her haben sich zer­schla­gen. Die­ses Rad lässt sich nicht zurückdrehen.
    Wie zum Beweis habe ich allen Kol­le­gen gesagt, dass sie ger­ne über mei­nen Blog mit mir in Kon­takt blei­ben kön­nen, es dort sogar eine eige­ne Com­mu­ni­ty gibt und pri­va­te Chat­räu­me. Nicht einer mei­ner Ex-Kol­le­gen hat sich registriert.
    Der Ver­such die Fir­ma mit in Freund­schaft und Fami­lie in die “3 Big Fs” zu inte­grie­ren, klappt mög­li­cher­wei­se in Chi­na, Japan und ähn­lich irren Län­dern wo Pflicht­er­fül­lung der Fir­ma gegen­über einen wesent­lich höhe­ren Stel­len­wert hat, als es glück­li­cher­weis hier der Fall ist. Ich neh­me nicht mal frei­wil­lig an Fir­men­ver­an­stal­tun­gen teil, die wäh­rend oder kurz nach mei­nem Dienst statt­fin­den. Aber dann auch noch frei­wil­li­ge Ver­an­stal­tun­gen am Wochen­en­de? NEVER! THAT’S CRAZY SHIT!!

    Grü­ße aus dem Burnout..
    CU
    P.

    Reply
    1. Peter Lohren

      Die Arbeits­welt hat sich extrem ver­än­dert, das neh­me ich auch wahr. Mit der Wirt­schafts­kri­se in unse­rem Land wird sich das ver­mut­lich noch ver­schär­fen. Kol­le­gia­li­tät, Loya­li­tät, Soli­da­ri­tät, das scheint alles in Auflösung. 

      War­um das so ist, kann ich nicht mal sagen, viel­leicht hast du Recht und wir haben in Covid Zei­ten viel ver­lernt. Ich beob­ach­te auch, dass vie­le Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen kurz vor dem Ruhe­stand nur noch eins wol­len; ganz schnell weg. Scha­de eigentlich. 

      Bleib gesund

      Reply
      1. Dr. Nerd

        Ja, scha­de ist das — aber wer will es den Men­schen ver­den­ken? Es wur­de doch über vie­le jah­re sei­tens der Vor­stän­de und Bera­tern genau dar­auf hin­ge­ar­bei­tet: Man wird immer weni­ger als Mensch wahr­ge­nom­men son­dern nur noch nach einer mess­ba­ren Leis­tung beur­teilt. Auch die Ent­frem­dung zielt doch spe­zi­ell dar­auf ab den sozia­len Kit, den es frü­her gab zu zer­stö­ren, damit man als Kol­le­ge gar nicht mit­be­kommt, wenn mal wie­der ein Mit­ar­bei­ter gegan­gen wird — sonst könn­ten sich ja Wider­stän­de und Fron­ten bil­den, die den extre­men Abbau­pro­gram­men Knüp­pel zwi­schen die Bei­ne werfen.
        Bei uns waren mona­te­lang für teu­er Geld gecas­te­te exter­ne Bera­ter in der Fir­ma, die prü­fen soll­ten, ob es mög­lich ist die IT aus­zu­la­gern. Das soll­te lt. Geschäfts­füh­rung “Ergeb­nis­of­fen” sein — war aber von vorn­her­ein Ergeb­nis­ori­en­tiert (mit dem Ziel die IT auf Bie­gen und Bre­chen los­zu­wer­den. Selbst mit dem Risi­ko eines IT-tech­ni­schen Super-Gaus).
        Wir wur­den also schon sei­ner­zeit ange­lo­gen. Das fer­ti­ge Gut­ach­ten durf­ten die Betriebs­rä­te auch nie sehen, son­dern es hieß immer nur: das Gut­ach­ten hat erge­ben, dass die IT auf­ge­löst wer­den muss.
        Wer fühlt sich da noch einer Fir­ma per­sön­lich ver­bun­den? Also, ich nicht…

        Reply
        1. Peter Lohren

          Wir haben hier einen Stand­ort von Infi­ne­on. 2000 Mit­ar­bei­ter. Letz­te Woche dann die Nach­richt, dass davon 500 Mit­ar­bei­ter gehen müs­sen. Und sie­he da- schon steigt die Aktie. Kapi­ta­lis­mus in Reint­form. Merz hat doch mal ein Buch geschrie­ben, wie hieß es doch gleich? Ach ja: Mehr Kapi­ta­lis­mus wagen, zyni­scher Unter­ti­tel: Wege zu einer gerech­te­ren Gesellschaft. 🧐

          Reply

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert