Der Autor Marcus Klöckner hinterfragt in seinem Buch: „Mobilmachung an der Heimatfront“, den Begriff Kriegstüchtigkeit und sieht in der Bevölkerung den Versuch einer Normalisierung militärischer Logik. Er kritisiert, dass Medien, Politik, Wissenschaft und Rüstungsindustrie als Akteure auftreten, die die Idee eines möglichen Krieges nicht nur thematisieren, sondern vorbereiten: durch Sprachwahl, durch Konzepte, durch Lobbyismus. Klöckners Kritik entzündet sich an der gesellschaftlichen Verhaltensveränderung, Aufrüstung, sprachliche und publizistische Instrumentalisierung.
Es sieht eine schrittweise, teils subtile, Mobilisierung mit symbolischen und realen Konsequenzen.
Das alles ist richtig – Klöckner sitzt allerdings dem Irrtum auf zu glauben, dies alles passiere im Zuge einer „geleiteten“ Manipulation.
All die Dinge, die der Autor beschreibt sind natürlich Vorbereitungen für den Ernstfall – aber nicht, weil Politik, Medien oder gar die Rüstungsindustrie sich einen Krieg herbeiwünschen. All das dient der Vorbereitung der Verteidigung des möglichen Ernstfalls.
Der Gedankenfehler, dem ich selber aufgesessen war, ist schlichtweg der Umstand, dass sich Krieg jedweder Logik und Vernunft entzieht.
Autokratie hat nun mal die Tendenz zum Imperialismus. Es fehlt die parlamentarische Kontrolle. Das macht Autokraten so gefährlich und unberechenbar.
Das heißt leider auch: Das Unmögliche denken und sich darauf vorbereiten. Dafür ist eine größtmögliche Abschreckung notwendig.
Hier begegnen wir einem weiteren Paradoxon. Obwohl liberale Demokratien ihre Daseinsberechtigungen aus der Tatsache beziehen, die individuellen Rechte ihrer Bürger zu schützen und zu garantieren und letztendlich auch vor bewaffneten Konflikten schützen müssen, ist die Notwendigkeit für die Verteidigungsbereitschaft ebendiese einzuschränken, um als Soldat nötigenfalls sein das Leben für den Staat aufs Spiel zu setzen.
Die Beobachtung militärischer Vorbereitungen überrascht die Bevölkerung also umso mehr, je weniger sich liberale Demokratien als „Militärmacht“ zu erkennen geben. Genau das führt zu der Annahme eines vermeintlichen Kriegskurses im eigenen Land. Unkluge politische Äußerungen („Wir führen einen Krieg gegen Russland“) und falsche Begrifflichkeiten wie „Kriegstüchtigkeit“, tun da ihr Übriges.
So jedenfalls wird es schwer mit einer wehrhaften Demokratie.
Die eigenen Verteidigung sicherzustellen und sich auf alle Möglichkeiten vorzubereiten, finde ich gut und wichtig. Man kann sich die Bedrohungen ja nicht einfach wegreden, auch wenn manche da scheinbar überzeugt von sind. Hier greift wie schon vor wenigen Jahren auch wieder das Präventionsparadoxon — ist nichts passiert, weil man aufgerüstet hat oder wäre eh nichts passiert. Das ist, wie ohne Krankenversicherung durchs Leben zu gehen. Kann gut gehen, muss aber nicht…
Das sehe ich auch so, allerdings ist eine Akzeptanz in der Bevölkerung zur Militarisierung unabdingbar.
Wir sollten dazu Abstand nehmen von Schlagwörtern wie “Kriegsbereit” zu sprechen. Aussagen wie die von Frau Baerbock oder Herrn Kiesewetter zur Kriegsführung sind ebenfalls fehl am Platz. Was mir als Erklärung fehlt, ist der Wille der Politik zur Verteidigungsbereitschaft des eigenen Territoriums und nicht zur Kriegsführung per se.
Am liebsten wäre es den meisten von uns, wir würden unbehelligt unser Leben (von vor 5 Jahren) weiterleben können. Stattdessen werden wir täglich belästigt mit Kriegsbildern und totaler Vernichtung. Dabei dachten wir doch, die Friedensdividende unbefristet weiter genießen zu können. Nun, falsch gedacht. Hinterher ist man eben immer klüger. Die politischen Umstände und die damit verbundenen veränderten Denkweisen auch des geneigten Publikums machten uns einen Strich durch die Rechnung.
Wenn ich ehrlich bin, schwanke ich laufend hin und her. Mal sehe ich ein, dass die Nachrüstung dringend nötig ist, mal verfluchte ich die Kriegspropagandisten, die uns in fast jeder Talkshow präsentiert werden. Dabei tun die Leute ja nichts anderes, als über Entwicklungen und Gefahren zu berichten, die real existieren. Trotzdem ist mir der Ton gerade im ÖRR oft zu schrill und zu hysterisch. Könnte man das nicht mit ein bisschen mehr Gelassenheit abspulen? Pistorius macht das eigentlich ganz gut. Allerdings die Terminilogie hat er auch nicht immer im Griff.