Der Kapitalismus wehret den Anfängen

Der mas­si­ve Angriff auf Robert Habecks Vor­schlag, Kapi­tal­erträ­ge stär­ker zu besteu­ern, zeigt die geziel­te Mani­pu­la­ti­on der Bevöl­ke­rung der Neo­li­be­ra­len und ihrer Ver­tre­ter in der Poli­tik. Habeck hat­te in einem Inter­view die Fra­ge gestellt, war­um Arbeit höher belas­tet sein soll als Ein­kom­men aus Kapitalerträgen. 

Die Fra­ge ist nicht ganz neu. Akti­en­ge­win­ne bei­spiels­wei­se unter­lie­gen einem Steu­er­vor­be­halt von 25 Pro­zent plus Soli­da­ri­täts­zu­schlag. Ins­ge­samt kommt ein Kapi­tal­eig­ner so auf eine Steu­er­be­las­tung von ca. 28 Pro­zent, wenn die Ver­lus­te gegen gerech­net wer­den, lässt sich die­se wei­ter drü­cken. Ein Fach­ar­bei­ter hat eine Steu­er­last um die 35 Pro­zent. Wenn nun von der Uni­on ver­sucht wird, den Vor­schlag Habecks als einen Angriff auf die Mit­tel­schicht und die Flei­ßi­gen kri­ti­siert wird, ist das ers­tens nicht ver­wun­der­lich und zwei­tens nur all­zu durchschaubar.

Neben der Tat­sa­che, dass Habeck gleich­zei­tig einen Frei­be­trag ins Spiel bringt, wäre eine Erhö­hung der Ver­steue­rung von Kapi­tal selbst für einen Inten­siv­spa­rer der Mit­tel­schicht kaum spür­bar. Mit einem mitt­le­ren Ein­kom­men wird es wohl kaum mög­lich sein auf dem Spar­buch eine Sum­me anspart zu haben, von der mehr als ein – zwei tau­send Euro Zin­sen abfal­len. Eine Erhö­hung der Kapi­tal­ertrags­steu­er wür­de unter der Berück­sich­ti­gung des jetzt schon gel­ten­den Frei­be­trags kaum ins Gewicht fal­len. Anders ver­hal­te sich das natür­lich bei denen, die auf­grund Akti­en­spe­ku­la­tio­nen reich gewor­den sind. Ein Fried­rich Merz wür­de eine Erhö­hung der Kapi­tal­ertrags­steu­er erheb­lich treffen. 

Die Ver­ein­heit­li­chung der Kapi­tal­ertrags­steu­er oder auch Abgel­tungs­steu­er geht übri­gens zurück auf ein Gesetz aus dem Jahr 2009 unter der Regie­rung der Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel. Bis dahin wur­den Kapi­tal­erträ­ge wie Zin­sen, Divi­den­den und Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne in Deutsch­land nach dem per­sön­li­chen Ein­kom­mens­steu­er­satz berechnet. 

Habeck hat aller­ding den Feh­ler gemacht, mög­li­che Ein­künf­te aus einer wei­te­ren Ver­steue­rung des Kapi­tals zur Erhö­hung der Bei­trags­ba­sis der Sozi­al­kas­sen nut­zen zu wol­len. Das war ein gefun­de­nes Fres­sen für die Neo­li­be­ra­len, die fort­an aus nicht nur aus allen Roh­ren gegen Habeck schie­ßen konn­ten, son­dern ihn auch ein­mal mehr mit dem unwah­ren Argu­ment, der Wirt­schafts­mi­nis­ter pla­ne einen Angriff auf den Klein­spa­rer, als ahnungs­lo­sen Wirt­schafts­mi­nis­ter vorführen. 

Habeck hät­te viel­leicht ein­fach die Abschaf­fung der Abgel­tungs­steu­er und die Ver­steue­rung von Ver­äu­ße­rungs­ge­win­nen nach dem per­sön­li­chen Ein­kom­mens­steu­er­satz vor­schla­gen sol­len, wie das vor 2009 der Fall war. Gleich­zei­tig könn­te man den Ein­kom­men­steu­er­satz zu Guns­ten mitt­le­rer Ein­kom­men ver­schie­ben, um eine Ent­las­tung für die­je­ni­gen zu schaf­fen, die jetzt die Haupt­last des Steu­er­auf­kom­mens tragen. 

5 Comments

  1. Ich fürch­te, in den nächs­ten Wochen müs­sen wir uns noch auf so eini­ge Schlamm­schlach­ten, Fehl­aus­le­gun­gen und Unter­stel­lun­gen ein­stel­len. Und die Medi­en machen dank­bar mit, jede Schlag­zei­le ist bares Geld wert. Wer das alles nicht hin­ter­fragt, wird sich im Febru­ar schwer tun, sein Kreuz­chen nach­hal­tig zu set­zen. Aber auch für die, die das hin­ter­fra­gen, wird es immer intrans­pa­ren­ter und ich wür­de mich nicht wun­dern, wenn wir am Ende so ein “Nach Bauchgefühl”-Ergebnis bekom­men… Ich habe längst den Über­blick ver­lo­ren, an wel­chen Stel­len ich mit wel­chen Steuern/Stellschrauben mal mehr und mal weni­ger in die Staats­kas­sen spü­len darf. Und ganz ehr­lich ist es mir auch nicht so wich­tig. Ich fänd´s nur schön, wenn mit das Geld auch sinn­voll inves­tiert wird und unse­re Poli­ti­ker es nicht mit vol­len Hän­den zum Fens­ter raus werfen.

    1. Das ist was dran, eigent­lich soll­te man im Wahl­kampf ein­fach weg­hö­ren. Habeck hat aber ein wich­ti­ges The­ma ange­fasst, aller­dings hat er sich die, mei­ner Mei­nung nach rich­ti­ge Grund­idee, näm­lich die Ungleich­heit der Besteue­rung von Kapi­tal und Arbeit zu besei­ti­gen, unglück­lich dar­ge­stellt. Das ist dann natür­lich aus­ge­schlach­tet wor­den. Er hät­te die gro­ße Chan­ce gehabt anzu­mer­ken, dass mit einer Besteue­rung des Kapi­tals die arbei­ten­de und mit Steu­ern hoch belas­te­te Mit­tel­schicht ent­las­tet wer­den könn­te. Scha­de, Chan­ce verpasst.

  2. Bei Lanz hat ges­tern jemand tref­fend bemerkt, dass es den Grü­nen Jahr für Jahr gelingt, sich selbst einen neu­en „Veggie Day“ vor die Füße zu wer­fen – ein Bild, das die Situa­ti­on gut beschreibt. Ich tei­le dei­ne Ein­schät­zung, dass die von Habeck vor­ge­schla­ge­ne Metho­de als Ersatz für eine längst über­fäl­li­ge Erhö­hung der Kapi­tal­ertrags­steu­er, die im Ver­gleich zur Belas­tung von Arbeit unver­hält­nis­mä­ßig nied­rig ist, durch­aus sinn­voll wäre. Lei­der hat er auch die­ses Pro­jekt wie­der schlecht vor­be­rei­tet und muss nun die Kon­se­quen­zen tra­gen. Das ist bedauerlich.

  3. wer glaubt, dass so ein Gesetz jemals ver­ab­schie­det wird, der glaubt auch noch an den Niko­laus. Die Rei­chen schüt­zen zuerst mal sich sel­ber und natür­lich ihren Reich­tum — mit allen Mit­teln. Wie kann man sich sonst erklä­ren, dass die paar weni­gen Super­rei­chen, die locker die Hälf­te ihres Ver­mö­gens abge­ben könn­ten ohne Not lei­den zu müs­sen, so viel Ein­fluß haben, dass die­ser Vor­schlag als Got­tes­läs­te­rung ein­ge­stuft wird.
    Ach­so, ja.. die Poli­ti­ker gehö­ren ja dazu, gell Frit­ze.. schon Start­frei­ga­be für den nächs­ten Städ­te­tri­pe erhal­ten? Und wer noch nicht reich ist, viel­leicht sogar ein Gewis­sen hat, der wird eben durch den Koali­ti­ons­zwang dazu gezwun­gen, dafür zu stim­men, was als Marsch­rou­te vor­ge­ge­ben ist.
    Zah­len wird auf immer und ewig das Stimm­vieh — also wir..
    Will­kom­men im ech­ten Leben.. 🙂
    CU
    P.

  4. @Horst @Peter: Mei­ner Mei­nung nach hät­te man den Ver­such machen sol­len, noch einen Schritt wei­ter zu gehen und die Rege­lung vor 2009 wie­der ein­zu­füh­ren. Danach wür­de Ein­kom­men mit den Steu­er­sät­zen aus der Ein­kom­mens­steu­er versteuert. 

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