Hanoi in Berlin

Ein­gang zum Dong Xuang Markt in Berlin
Der Zugang zur asia­ti­schen Welt ver­birgt sich in einer Lager­hal­le hin­ter einem Plas­tik­vor­hang. Seit 2006 befin­det sich auf frei geräum­ten Flä­chen auf dem ehe­ma­li­gen Gelän­de der VEB Elek­tro­koh­le Lich­ten­berg das asia­ti­sche Handels‑, Geschäfts- und Ein­kaufs­zen­trum Dong Xuan Center.

Gut ver­steckt hin­ter Back­stein­rui­nen, auf 160.000 Qua­drat­me­ter erstreckt sich eine eige­ne asia­ti­sche Welt. Wer durch das Por­tal kommt und die ers­te Lager­hal­le betritt, … wei­ter im Text

Große Klappe

In der Bun­des­re­pu­blik gibt es ca. 45 Mio. zuge­las­se­ne Autos. Ein Groß­teil davon dürf­ten Kom­bis sein. Wie­der­um ein Groß­teil älte­re Bau­jah­re, die exakt der Mar­ke, der Far­be und dem Aus­se­hen mei­nes Autos entsprechen.

Aus­se­hen ist dabei rela­tiv, ich jeden­falls sehe kaum noch Unter­schie­de in Form­spra­che und Design, was ins­be­son­de­re die Find­bar­keit auf Park­plät­zen zuwei­len beeinträchtigt.

Letzt­end­lich hilft der Funk­schlüs­sel bei der Suche; das Auto was nach Drü­cken des Funk­schlüs­sels auf­geht, ist auch meist das meine.
Am Frei­tag jeden­falls ste­he ich vor der Heck­klap­pe [m]eines Kom­bis und ver­su­che mit immer zuneh­mend hek­ti­schen Öff­nungs­ver­su­chen, das Schloss zur Auf­ga­be des sper­ri­gen Ver­hal­tens zu bewegen.

Nach ca. drei Minu­ten ergeb­nis­lo­sen Drü­ckens des Funk­schlüs­sels bei gleich­zei­tig beherz­tem Rei­ßen an der Heck­klap­pe und wie­der­hol­tem Flu­chen über die „Drecks­kar­re“, höre ich links hin­ter mir den Satz:“ Wenn die Heck­klap­pe nicht auf­geht, hat das durch­aus sei­ne Berech­ti­gung, das ist näm­lich mein Auto.“

Das Hermes Prinzip

Der Mann an der Haus­tür sah ein biss­chen abge­ris­sen aus. Ich zwei­fel­te kurz, dass es sich um den Paket­fah­rer han­del­te, den ich nach eini­gen erfolg­lo­sen Zustell­ver­su­chen erwartete.

Allein – das schmud­de­li­ge Leib­chen, das er über dem Hemd trug, wies ihn als Her­mes Paket­dienst­fah­rer aus.

Der Groll war beim bemit­lei­dens­wer­ten Äuße­ren des Boten ver­flo­gen. Im gebro­che­nen Deutsch erklär­te mir der Mann sei­ne Schwie­rig­kei­ten beim Zustel­len des Pakets. Das alles hat­te ich bereits gehört; der Online-Händ­ler hat­te mei­ne Beschwer­de direkt an den Paket­dienst­leis­ter wei­ter gegeben.

Mit dem Hin­weis, dass Kar­ten­zah­lung lei­der nicht mög­lich sei, tat sich aller­dings eine neue Best­mar­ke auf der Unaus­ge­gli­chen­heits­ska­la auf. Pam­pig ant­wor­te­te ich, dass ich dann ja wohl mei­ne letz­ten Reser­ven zusam­men­krat­zen müs­se, um die Lie­fe­rung zu bezahlen.

Der Mann mur­mel­te so etwas wie:“ is‘ nett, sonst ich kei­ne Geld“, oder ähnliches.

Wenn man Goog­le anklickt und nach “Erfah­run­gen mit Her­mes” sucht, wirft die Such­ma­schi­ne die aben­teu­er­lichs­ten Geschich­ten aus.

Von Sub­un­ter­neh­men, die wie­der­um Sub­un­ter­neh­men beauf­tra­gen ist da die Rede. Von 12 Stun­den Schich­ten an 6 Tagen die Woche und von umge­rech­net Stun­den­löh­nen um die vier Euro.

Ich las­se mir also etwas lie­fern, des­sen Ver­sand­kos­ten in etwa dem des Stun­den­lohns eines Paket­zu­lie­fe­rer bei Her­mes entspricht.

Der Name Her­mes kommt aus der grie­chi­schen Mytho­lo­gie: Her­mes ver­kün­de­te als Göt­ter­bo­te die Beschlüs­se des Zeus — neben­bei war er der Schutz­gott der Diebe.

EM

Die Euro­pa­meis­ter­schaft läuft und mit jedem Deutsch­land-Spiel wach­sen Mil­lio­nen neue Bun­des­trai­ner mit soviel Sach­ver­stand her­an, die Bun­des­re­pu­blik für­der­hin zum Euro­pa­meis­ter zu machen.

Der Freun­des­kreis bil­det da kei­ne Aus­nah­me. Im Gegen­teil, alles was dort zum The­ma Fuß­ball gesagt wird, dürf­te reprä­sen­ta­tiv sein für die gesam­te fuß­ball­be­geis­ter­te männ­li­che Ein­woh­ner­schaft der Bundesrepublik.

Die Ein­schät­zung derer, die sich offen­sicht­lich zutrau­en, Jogi Löws Job zu machen, ist abhän­gig von zwei Fak­to­ren: ers­tens näm­lich dem Fort­schrei­ten der EM und zwei­tens der Tat­sa­che, in Wirk­lich­keit über­haupt kei­ne Ahnung von Fuß­ball zu haben, nicht mal ansatz­wei­se, jeden­falls soweit ich das beur­tei­len kann.

Und ja, ich gehö­re auch zu denen, denen Fuß­ball rela­tiv egal ist und die in sofern mit Exper­ten­wis­sen vor­sich­tig sein soll­ten. Da sich aber nun­mal fast alle Unter­hal­tun­gen der­zeit um Fuß­ball dre­hen, bleibt es nicht aus, dass das ein oder ande­re Gehör­te hän­gen bleibt.

Die Chan­ce will genutzt wer­den und so kann selbst der Ahnungs­lo­ses­te mit einem Pla­gi­at rhe­to­ri­scher Fuß­ball­kom­pe­tenz glänzen.

Mit dem Satz:“ Ist doch kein rich­ti­ger Fuß­ball mehr heut­zu­ta­ge, die­se 4–4‑2 Tak­tik ohne Libe­ro ist bes­se­rer Stand­fuß­ball, mehr nicht“, ist man jeden­falls min­des­tens unter Kum­pels für den Job des Bun­des­trai­ners qualifiziert.